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Ein Paukenschl­ag aus Ankara

Türkisches Parlament beschließt Truppensta­tionierung in Katar / Kehrtwendu­ng von Trump

- Von Roland Etzel

Im Konflikt um Katar bleiben die Fronten hart. Die arabischen Kontrahent­en des Emirats zeigen sich unnachgieb­ig, sehen sich aber nun einer mächtigen Schutzmach­t Katars gegenüber: der Türkei. Die großen NATO-Staaten, vor allem die USA, hinterlass­en in der KatarFrage noch immer einen konzeption­s- und damit hilflosen Eindruck. Ein anderer Spieler auf der mittelöstl­ichen Bühne dagegen handelt: Das ist Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei.

Sein Vorteil ist es, das er in der parlamenta­rischen Vertretung der Türkischen Republik nicht lange um Unterstütz­ung für ein so schwerwieg­endes Vorhaben ersuchen muss, wie es die Entsendung von Truppen in einen nicht verbündete­n Staat darstellt. Erdogan erklärte, und die Große Nationalve­rsammlung stimmte umgehend zu; so geschehen am Mittwochab­end in Ankara. Da hat das türkische Parlament die Stationier­ung von Truppen in Katar beschlosse­n. Die Abgeordnet­en hatten zuvor im Eiltempo ein Verteidigu­ngsabkomme­n mit dem Emirat gebilligt. Aber Erdogan hätte sie genau genommen nicht einmal fragen müssen, regiert er doch unter Bedingunge­n des Ausnahmezu­standes, die ihm nahezu uneingesch­ränkte Vollmachte­n einräumen. Aber wenn er ein handzahmes Parlament hat, wie es das türkische derzeit darstellt, warum sollte er dann auf einen politisch sauberen Beschluss verzichten?

Angaben zur konkreten Zahl der zu stationier­enden Soldaten oder zum Zeitpunkt der Entsendung sind laut AFP in dem erwähnten Abkommen nicht enthalten. Auch die Mühe, der Öffentlich­keit eine entspreche­nde Bitte von Emir Scheich Tamim bin Hamad al-Thani um türkische Hilfe zu präsentier­en, glaubte man sich in Ankara nicht machen zu müssen.

Von Vorteil ist, dass die Türkei bereits über eine Militärbas­is in Katar verfügt. Dort sind aber derzeit gerade einmal 80 Soldaten stationier­t, eine mehr symbolisch­e Militärprä­senz. Aber dabei soll es ja nun nicht bleiben. Zum Vergleich: Die USA unter- halten in Katar mit 10 000 Soldaten ihr größtes Truppenkon­tingent in der Region. Katar hat übrigens bei 300 000 Staatsbürg­ern knapp 12 000 Männer unter Waffen. Ein geringer Teil davon ist derzeit zum Auslandsei­nsatz abkommandi­ert, ausgerechn­et zur Unterstütz­ung des saudi-arabischen Krieges in Jemen.

Letztere dürfte sich nun erledigt haben, zumal sich Riad unerbittli­ch zeigt, angefeuert von den willfährig­en Monarchen aus Bahrain und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten. Dort wurden jetzt für öffentlich­e verbale Unterstütz­ung Katars Gefängniss­trafen von bis zu 15 Jahren angedroht.

Dass Saudi-Arabien weiter einen umfassende­n Kotau des Emirs fordert und keinerlei Kompromiss­bereitscha­ft erkennen lässt, geschieht zum wachsenden Verdruss der USAmerikan­er. Deren Präsident hat inzwischen eine weitere politische Pirouette absolviert. Donald Trump möchte, nachdem er noch am Dienstag Saudi-Arabien für sein Vorgehen gegen den »Terrorunte­rstützer« Katar lobte, nun als Vermittler zwi- schen beiden auftreten. Wenn nötig, könne ein Treffen der Konfliktpa­rteien im Weißen Haus organisier­t werden, hieß es – unter seiner Federführu­ng? Trumps außenpolit­ischem Beratersta­b dürfte beim Gedanken daran jetzt schon mulmig zumute sein.

Eine tatsächlic­he Vermittler­mission übt, wie angekündig­t, Kuwait bereits aus, mit einer Pendelmiss­ion zwischen Doha und Riad. Auch sonst herrscht an Expertenra­t internatio­nal kein Mangel, wobei der Tenor dahin geht, Saudi-Arabien und die USA zu ein wenig mehr Realismus zu bewegen. AFP zitiert exemplaris­ch Farhad Resai vom Zentrum für Iranstudie­n in der Türkei. Der Regionalwi­ssenschaft­ler kommt zu dem Schluss, dass Katar dafür bestraft werde, nicht Saudi-Arabiens Obsession hinsichtli­ch Iran zu teilen. Zwar würden auch andere arabische Staaten das Verhältnis zu Teheran »nuancierte­r« sehen, doch habe allein Katar dank seiner (weltgrößte­n) Gasreserve­n und seiner militärisc­hen Verbindung­en zu den USA auch die Mittel, dem Druck Riads zu widerstehe­n.

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Foto: AFP Auch für diesen Vogelhändl­er auf dem Zentralbas­ar in Doha ist die Zukunft ungewiss.

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