Neue Perspektiven für den Vétomat
Nach einem Umzug muss der Verein renovieren, per Crowdfunding wird das notwendige Geld eingeworben
Nach zehn Jahren musste das Siebdruck- und Kulturkollektiv Vétomat umziehen. Im neuen Domizil in der Wühlischstraße muss allerdings noch renoviert werden. Das kostet aber. 120 Unterhemden liegen ausgebreitet im Vétomat herum, in der Mitte des Raumes steht ein Siebdruckkarussell, rote und blaue Druckfarben stehen griffbereit. Vereinsmitglied Tom Singier arbeitet an einem Projekt für den Künstler »Lite Kultur«, der für das 48-Stunden-NeuköllnFestival eine interreligiöse Performance vorbereitet. Auf die Brust der Unterhemden wird »One 4 All«, auf den Rücken »All 4 One« gedruckt.
Das Siebdruck- und Kulturkollektiv Vétomat hat eine CrowdfundingKampagne gestartet, um Geld für die notwendige Renovierungsmaßnahmen zu sammeln. Noch bis Freitag, 23.59 Uhr können Kunstdrucke, Bücher und T-Shirts erworben oder gespendet werden.
Nach zehn Jahren musste der Vétomat aus seinem alten Domizil in der Scharnweberstraße ausziehen. Das Haus wurde zuvor verkauft, der neue Besitzer wollte renovieren. Für Jens Rippel vom Kollektiv »grundsätzlich eine gute Sache: es war nötig«. Die Vereinsmitglieder stellten sich die Frage, ob sie eine Kampagne gegen Gentrifizierung starten sollten und um den Verbleib zu kämpfen. Sie entschieden sich aber dazu, die Energie besser in die Suche nach neuen Räumen zu stecken. Mit Erfolg: Die kleine »Bewohnergenossenschaft FriedrichsHeim« hat sich für ihr Haus in der Wühlischstraße 42 einen gemeinnützigen Mieter gewünscht. Bezahlbare Räume unter normalen Bedingungen zu finden, wäre unmöglich gewesen.
Der Umzug war bis ganz zuletzt nicht sicher, aber Rippel sieht die spannungsreiche Zeit und den Verlust der alten Räume nicht nur negativ. Nach zehn Jahren sei eine Veränderung gut gewesen. »Wir mussten uns neu überlegen, wohin wir mit dem Verein wollen und haben neue Perspektiven für die nächsten zehn Jahre entwickelt.« Rippel zeigt die Werkstatt. Die war am alten Standort in den hinteren Räumen untergebracht und wurde von den meisten Besuchern nie gesehen.
Die Crowdfunding-Kampagne soll 9800 Euro erzielen. Die benötigten 7000 Euro für den Schallschutz wurden bereits erreicht, das restliche Geld soll für Renovierungsarbeiten an Wasser, Abwasser und die Einrichtung eines Starkstromanschlusses für die Werkstatt genutzt werden. In der Zukunft soll auch eine Küche und einen verschiebbarer Tresen eingebaut werden. Da die neuen Räume viel kleiner sind als die alten, muss alles funktional sein.
Der Vétomat ist – mit Ausnahme der Hausprojekte – einer der letzten Räume im Kiez, der aus rein ehrenamtlichen Engagement entstanden ist. »Wir glauben, dass es für eine Zivilgesellschaft existenziell ist, dass alle Menschen Zugang zu Kultur haben, unabhängig von Einkommen oder sozialen Status«, sagt Rippel. »Deshalb sind alle Veranstaltungen bei uns eintrittsfrei.«
Rippel arbeitet seit neun Jahren im Verein. »Das schöne am Vétomat ist: hier können Projekte wachsen. Hier sind sie keinem Verwertungsdruck unterworfen«, erklärt er. Der Verein engagiert sich auch im Kiez. Derzeit werden Gelder beantragt, um mit Schülerinnen und Schülern aus der Umgebung Siebdruckworkshops zu veranstalten. Wer will, kann eigene Ideen verwirklichen – das sollen die jungen Menschen lernen.