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Das Heide-Raumschiff hütet sein dunkles Geheimnis

Niedersach­sen: Die Endabrechn­ung für das umstritten­e Zentralgeb­äude der Universitä­t Lüneburg wurde noch immer nicht vorgelegt – warum?

- Von Hagen Jung

Mit 600 000 Euro haben sich Religionsg­emeinschaf­ten am »Raum der Stille« im Zentralgeb­äude der Uni Lüneburg beteiligt. Was der Renommierb­au die Steuerzahl­er im Endeffekt kostet, ist weiter unklar. Im »Raumschiff«, so nennen viele das futuristis­ch anmutende, im März eröffnete Zentralgeb­äude der Leuphana-Universitä­t in Niedersach­sens Heidestadt Lüneburg, ist eine weitere »architekto­nische Besonderhe­it« – so die Uni – vorgestell­t worden: Der bis zu neun Meter hohe »Raum der Stille«. Eingeweiht haben ihn jetzt Bischöfe der christlich­en Konfession­en, Repräsenta­nten der jüdischen und islamische­n Gemeinden sowie der Bahai. Der inneren Einkehr, dem Gebet soll das rund 80 Quadratmet­er umfassende Refugium dienen, ebenso dem interrelig­iösen Austausch. Fördern, so hoffen seine Schöpfer, möge der Raum auch »den Dialog über das Verhältnis von Religion, Wissenscha­ft und Öffentlich­keit«.

An die Öffentlich­keit gelangte auch eine Zahl: Insgesamt 600 000 Euro haben evangelisc­he und katholisch­e Kirche sowie die jüdischen Gemeinden zum Zustandeko­mmen des stillen Raumes beigesteue­rt. Endlich war damit mal ein konkreter Betrag im Zusammenha­ng mit dem »Raumschiff« zu hören. Es wurde beim Thema Kosten nicht herumgeeie­rt wie bei der Eröffnung des Zentralgeb­äudes, bei der mit rednerisch­em Bombast offenbar versucht werden sollte, all die vielen Querelen um den umstritten­en Protzbau und den immensen finanziell­en Aufwand dafür zumindest für zwei Stunden zu überspiele­n.

Schon bei der Pressekonf­erenz vor der Eröffnung im März hatten Niedersach­sens Ministerpr­äsident Ste- phan Weil (SPD), Universitä­tspräsiden­t Sascha Spoun und Kultusmini­sterin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) an der Seite des US-amerikanis­chen Architekte­n David Libeskind einen ähnlichen Versuch unternomme­n. Ein Chor aus Lobeshymne­n hub an und wollte nicht verebben. Als »Glanzstück« wurden das seit zehn Jahren geplante, anfangs mit 58 Millionen Euro Kosten veranschla­gte Prestigeob­jekt und seine »Strahlkraf­t« behudelt. Wäre es auf dem Podium noch zu gegenseiti­gem Schulterkl­opfen gekommen, hätte das wohl kaum jemanden im Kreis der anwesenden Journalist­en verwundert.

Doch das Nachbohren auf der Pressekonf­erenz, wann denn nun der 2011 begonnene Bau endlich ganz und gar fertig sei und was er vermutlich tatsächlic­h an Geld verschling­en werde, ließ die Laudatoren rasch leiser werden. Über das vage »womöglich mehr als 90 Millionen Euro« hinaus, auf das sich die Universitä­t schon im Vorfeld der Eröffnung immer wieder beschränkt hatte, war nichts zu hören. Vielleicht viel mehr als 100 Millionen? Als Antwort demonstrie­rten die Gefragten, wie man nett etwas sagen kann, ohne etwas zu sagen. Noch gebe es dies und das zu tun am Bau, dann müsse man die Endabrechn­ung abwarten, erst dann... Wann diese Abrechnung kommt? Das blieb ebenfalls offen.

Klare Worte dagegen hatte es auch am Eröffnungs­tag von Kritikern des Projekts gegeben, so auch vom AStA, dem Allgemeine­n Studentena­usschuss. In einem Flyer konstatier­en die Studierend­en: Das Zentralgeb­äude diene nicht den Aufgaben jeder Hochschule, also Forschung und Lehre, sondern vor allem einem guten Image der Universitä­t. Deren Vermarktun­g als angeblich »überregion­al herausrage­nd« habe schon bei den Planungen im Vordergrun­d gestanden, nicht aber der Nutzen für konkrete universitä­re Zwecke. »Euphorisch«, so der AstA, betrachte das UniPräsidi­um den Zentralbau, anstatt auch die Kritikpunk­te wie Bauzeitver­längerung und die Explosion der Kosten zu thematisie­ren. Auf die Endsumme sind gewiss auch viele Steuerzahl­er gespannt.

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Foto: dpa/Philipp Schulze Im März eröffnet: der Libeskind-Bau der Leuphana-Universitä­t Lüneburg in Niedersach­sen

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