nd.DerTag

Navigation und Geisterfah­rer

Tom Strohschne­ider über die SPD-Begeisteru­ng für Corbyns Wahlergebn­is

-

Es ist wohl nur eine Nebensächl­ichkeit der Wahl in Großbritan­nien, aber für die hiesige Politik steckt einiges drin: Was bedeutet die überschwän­gliche Freude des SPD-Chefs über das Ergebnis von Jeremy Corbyn?

Man kann darauf so oder so antworten. Möglichkei­t eins wäre, die Sozialdemo­kraten daran zu erinnern, wie sie dereinst über den Labourlink­en urteilten. Nils Schmid etwa, der seine Südwest-Genossen in die Bedeutungs­losigkeit geführt hat, aber Labour wegen Corbyn und dem Linkskurs dafür kritisiert­e, einer »Navigation für Geisterfah­rer« zu folgen. Möglichkei­t zwei wäre, in Betracht zu ziehen, dass auch Sozialdemo­kraten umdenken können. Martin Schulz‘ Jubel über Corbyn mit der Betonung, dieser habe erfolgreic­h auf Gerechtigk­eit gesetzt, könnte man ja auch so interpreti­eren – und nicht gleich wieder in selbstgefä­llige SPD-Schelte verfallen. Dies freilich würde leichter fallen, wenn Sozialdemo­kraten Möglichkei­t drei nicht gleich wieder ausschließ­en: dass nämlich dem Reden über Gerechtigk­eit auch die passende Politik folgt. Dies zu dokumentie­ren sind Wahlprogra­mme eine Möglichkei­t, Koalitions­aussagen eine weitere. Der SPD wird zwar meist das Gegenteil empfohlen, aber ein Jahrzehnt Wahlen und Umfragen sind ein festeres Argument. Wer den Einflüster­ern dennoch folgt, lässt sich eine »Navigation für Geisterfah­rer« überhelfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany