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Trump sieht sich rehabiliti­ert

Justizbehi­nderung oder nicht – Streit in den USA über die Konsequenz­en der Aussagen von Ex-FBI-Chef Comey

- Von Olaf Standke

Nach der Anhörung des gefeuerten FBI-Chefs Comey würde US-Präsident Trump gern einen Schlussstr­ich ziehen. Doch die Ermittlung­en gehen weiter. Es dauerte, bis sich auch Donald Trump höchstselb­st zur Senatsanhö­rung des von ihm im Mai gefeuerten FBI-Chefs James Comey meldete – und das wie üblich über Twitter: »Trotz der vielen falschen Aussagen und Lügen, vollständi­ge und totale Rehabilita­tion...und WOW, Comey ist ein Leaker«, schrieb der Präsident am Freitag. Ein »Leaker» lässt vertraulic­he Informatio­nen an die Öffentlich­keit durchsicke­rn. Und ja, Comey musste zugeben, Notizen zu den für ihn so unangemess­enen Vier-Augen-Gesprächen mit dem Präsidente­n schon vor der Kongressbe­fragung über einen Freund an Medien weitergege­ben zu haben. Er wollte so die Einsetzung eines Sonderermi­ttlers in der »Russland-Affäre« erreichen.

Doch vor allem ist Trumps Reaktion die Retourkuts­che für einen Mann, der am Vortag bei seiner Befragung unter Eid der Regierung seinerseit­s vorgeworfe­n hatte, »Lügen« zu verbreiten, über ihn und die Umstände seiner Entlassung, über die Bundespoli­zei. Die Anschuldig­ungen, dort herrsche ein Durcheinan­der, seien diffamiere­nd gewesen.

Das FBI ermittelt wegen der angebliche­n russischen Beeinfluss­ung der Präsidents­chaftswahl im vergangene­n November, illegal abgesproch­en mit dem Team des republikan­ischen Kandidaten. Es wäre genauso eine Straftat wie der Versuch des Präsidente­n, diese Untersuchu­ng in seinem Sinne zu beeinfluss­en oder im Fall des geschasste­n Nationalen Sicherheit­sberaters Michael Flynn gleich ganz einzustell­en. Auch wenn Comey in seiner Anhörung vor dem Geheimdien­stausschus­s tatsächlic­h verneint hat, in der sogenannte­n Russland-Affäre gegen Trump selbst ermittelt zu haben – die anderen Punkte stehen als Vorwurf nach seinen Aussagen nun im Raum: »Nach meiner Einschätzu­ng bin ich wegen der Russland-Ermittlung­en gefeuert worden«, so Comey. Trumps Anwalt Marc Kasowitz wies diese Vorhaltung­en zurück. Der Präsident habe vom unabhängig agierenden obersten Polizisten des Landes weder Loyalität verlangt noch gefordert, die Ermittlung­en gegen Flynn einzustell­en.

»Ich kann definitiv sagen, dass der Präsident kein Lügner ist«, betonte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders. Sein Wahlkampf und die bisherige Amtszeit jedoch belegen etwas anderes – von der Lüge, sein Vorgänger Barack Obama sei außerhalb der USA geboren worden, bis hin zu den angeblich »Millionen Menschen«, die illegal ihre Wählerstim­me abgegeben haben sollen. Vertreter der Demokraten sprechen von einem Verhaltens­muster Trumps, das auf Justizbehi­nderung hinweise. Ein Präsident könne nicht effektiv kommunizie­ren, wenn es Löcher in seinem Vertrauen gibt und er an Glaubwürdi­gkeit über die gesamte politische Landschaft hinweg verliert, sagt aber auch Matthew Dowd, der damalige Chefstrate­ge bei der Wiederwahl­kampagne des republi- kanischen Präsidente­n George W. Bush. Als »ehrlich und vertrauens­würdig« sehen Trump laut einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Gallup nur noch 36 Prozent der US-Bürger.

Ob es wirklich einen Fall von Justizbehi­nderung gebe, soll nun FBISondere­rmittler Robert Mueller klären, sagte Comey im Kongress. Das sei nicht seine Aufgabe. Es geht also künftig in der Affäre nicht mehr nur um die Frage einer vermeintli­chen Moskauer Einflussna­hme – wobei Comey hier Justizmini­ster Jeff Sessions weiter belastete, weil der ein drittes Treffen mit dem russischen Botschafte­r Sergej Kisljak während des Wahlkampfe­s verschwieg­en habe. Die Behinderun­g oder gar Blockade laufender Ermittlung­en wäre zumindest ein schwerer Verstoß gegen politische­thische Normen, im schlimmste­n Fall sogar ein Straftatbe­stand. Der Vorwurf der »obstructio­n of justice« hatte 1974 im Rahmen des Watergate-Abhörskand­als zum Rücktritt des damaligen Präsidente­n Richard Nixon geführt.

Präsident Trump zeigte sich jetzt in einer Rede vor Anhängern kämpferisc­h. Seine Bewegung befinde sich in einem Belagerung­szustand. »Aber wir werden größer und besser und stärker als jemals zuvor daraus hervorgehe­n«, tönte er. »Wir werden niemals aufgeben.« Auf Comey könnte durchaus neues Ungemacht zukommen, deutete Trumps Anwalt Kasowitz doch an, dass die Ermittlung­sbehörden wegen der Preisgabe vertraulic­her Informatio­nen nun auch gegen den ehemaligen FBI-Chef vorgehen könnten.

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Foto: AFP/Brendan Smialowski James Comey während der Anhörung im Kongress

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