Katar-Krise strahlt aus
Philippinische Regierung fürchtet um die Sicherheit ihrer Landsleute im Golfstaat
In Katar arbeiten Hunderttausende Philippinen. Durch die politische Krise könnte ihre Versorgung gefährdet sein, fürchtet Manila – und würde sie am liebsten alle zurückholen. Die politische Krise am Golf strahlt längst in andere Teile der Welt aus. Betroffen vom Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch mehrere arabische Staaten sind in Katar auch die ausländischen Arbeitsmigranten, die nach unterschiedlichen Angaben zwischen 70 und 90 Prozent der 2,7 Millionen Einwohner des Golfemirats ausmachen. Die Philippinische Regierung ist bereits in Sorge um ihre Landsleute.
Erste, vereinzelte Meldungen über durch Hamsterkäufe geleerte Ladenregale im Golfstaat gibt es bereits. Und sollte sich das Ganze zu einer echten Versorgungskrise auswachsen, fürchtet die philippinische Regierung in Manila um das Wohl ihrer in Katar tätigen Arbeitsmigranten. Von Amts wegen für sie zuständig ist Silvestre Bello als Leiter der Arbeitsverwaltung in Manila. Nachdem Saudi-Arabien, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten ihren Schritt zur politischen Isolation Katars verkündet hatten, dem sie Unterstützung des Terrorismus und zu große Nähe zum Iran vorwerfen, hatte Bello diese Woche in einem Erlass verfügt, dass zunächst keine Filipinos mehr aus Arbeitsgründen nach Doha fliegen dürfen. »Wir wissen, dass Katar seine Versorgungsgüter nicht selbst produziert«, sagte er der Presse. Deswegen liege die Befürchtung nahe, dass bei einem akuten Engpass die Philippine Overseas Workers (POWs), wie sie offiziell genannt werden, die ersten Leidtragenden sein würden, sollte es zu Unruhen kommen.
Dass die Lage momentan allerdings längst noch nicht so bedrohlich ist, davon hat sich Bello innerhalb eines Tages durch Rücksprache mit POLO – dem direkt in Katar angesiedelte Arm seiner Behörde – überzeugen lassen. Am Mittwoch nahm er deshalb die ursprüngliche Verfügung gewissermaßen zur Hälfte zurück. Neue Arbeitskräfte sollen zwar zunächst nicht weiter in das Golfemirat entsandt werden. Wer allerdings aus ei- nem bestehenden Job lediglich auf Heimaturlaub war oder auch, wer für den Antritt einer neuen Stelle schon alle Papiere beisammen habe und behördlich geprüft sei, dürfe nun aber reisen, hieß es. Damit wollen Bello und die Regierung zwar der Besorgnis gerecht werden, die Auswirkungen auf die eigene Volkswirtschaft aber möglichst gering halten.
Rund ein Zehntel der 100 Millionen Filipinos arbeitet im Ausland – kaum ein anderes Land weltweit hat eine solch hohe Migrationsrate aufzuweisen. Die Heimatüberweisungen machen denn auch mehr als ein Zehntel des Bruttoinlandproduktes aus, weder die einzelnen Familien noch der Staat als Ganzes können da große Ausfälle einfach verkraften. Allein 7,6 Milliarden Dollar flossen im vergangenen Jahr aus der Golfregion in die Philippinen, in der insgesamt zwei Millionen Filipinos beschäftigt sind – rund die Hälfte davon in Saudi-Arabien. In Katar sind es nach den offiziellen Zahlen von Bellos Behörde 141 000, doch sprach schon er selbst von real wohl eher um die 200 000, während das Außenamt in Manila sogar von einer Viertelmillion ausgeht.
Solche eine drastische Reaktion wie die philippinische Regierung haben andere potenziell gleichermaßen betroffene Länder bisher allerdings nicht gezeigt. Nicht einmal Ägypten, das immerhin 350 000 Landsleute als Arbeitsmigranten in Katar hat und zu jener Handvoll Staaten gehört, die das Golfemirat momentan so massiv attackieren.