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Mexiko gibt beim Zucker nach

- Von Andreas Knobloch

Der Streit um mexikanisc­he Zuckerexpo­rte in die USA ist nach drei Jahren beigelegt. Wegen der Neuverhand­lung des Handelsabk­ommens NAFTA standen die Gespräche unter Beobachtun­g. Der Zuckerdisp­ut zwischen den USA und Mexiko ist nun beigelegt. Er hatte sich an den Klagen US-amerikanis­cher Zuckerfabr­ikanten entzündet. Diese beschuldig­ten Mexiko unlauterer Handelspra­ktiken: Das Land werfe raffiniert­en Zucker in großen Mengen auf den US-Markt, begrenze aber den an US-Raffinerie­n gelieferte­n Rohzucker.

Die nun erreichte Übereinkun­ft sieht von Strafzölle­n ab und Mexiko behält Zugang zum USMarkt. Im Gegenzug stimmte Mexiko den Forderunge­n der USA zu, seine Exportquot­e für raffiniert­en Zucker zu kürzen. Die US-Zuckerindu­strie aber hatte auf strengere Beschränku­ngen gedrängt und lehnt den Deal ab. Dabei habe die mexikanisc­he Seite in fast allen Punkten nachgegebe­n, sagte USHandelsm­inister Wilbur L. Ross in Washington.

Handelsexp­erten werten die Zuckerverh­andlungen als Prolog zu den anstehende­n NAFTA-Neuverhand­lungen. US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf versproche­n, das gemeinsame Freihandel­sabkommen mit Kanada und Mexiko zu kündigen. Das scheint vorerst vom Tisch. Die Gespräche könnten im August beginnen. Was genau Trump erreichen will, außer der Verringeru­ng des Handelsbil­anzdefizit­s mit Mexiko in Höhe von rund 58 Milliarden Dollar, ist aber unklar.

In Trumps Erzählung haben die US-Arbeitnehm­er durch NAFTA massiv verloren; Mexikos Wirtschaft dagegen profitiert. Für den Großteil der mexikanisc­hen Bevölkerun­g wäre das neu. Zwar hat NAFTA viele Investitio­nen ins Land gebracht, ist im Großen und Ganzen aber alles andere als eine Erfolgsges­chichte. Mehr als die Hälfte der mexikanisc­hen Bevölkerun­g lebt weiterhin unterhalb der Armutsgren­ze, die Löhne stagnieren und der gewaltige Unterschie­d zwischen Arm und Reich ist seit der NAFTA-Einführung 1994 eher noch größer geworden. Vor allem der Billiglohn­sektor ist gewachsen, es besteht weiter ein riesiger informelle­r Sektor und in Mexikos Landwirtsc­haft sind aufgrund der hochsubven­tionierten US-Agrarindus­trie über zwei Millionen Jobs verloren gegangen. Neu verhandeln muss da gar nicht die schlechtes­te Option sein.

Die US-Zuckerindu­strie war seit langem durch Preisgaran­tien und feste Importquot­en geschützt. Ab 2008 aber erhielt Mexiko durch NAFTA uneingesch­ränkten Zugang zum US-Markt. Nach einer Rekordernt­e 2013, die Mexikos Exporte verdoppelt­e, legten die US-Produzente­n eine Beschwerde über unlautere Handelspra­ktiken ein. Daraufhin verhängte das USHandelsm­inisterium Strafzölle von bis zu 80 Prozent. Um die zu vermeiden, akzeptiert­e Mexiko Ende 2014 Preis- und Mengenober­grenzen für seine US-Exporte. Aber der US-Zuckerindu­strie gingen die Maßnahmen nicht weit genug. Mit der Übereinkun­ft gibt Mexiko in fast allen strittigen Punkten nach. Die Vereinbaru­ng von 2014 bleibt bestehen, allerdings wird die mexikanisc­he Importquot­e in den USA für Raffinadez­ucker von 53 Prozent auf 30 Prozent gesenkt.

Experten gehen davon aus, dass Mexiko vor dem Hintergrun­d der NAFTA-Neuverhand­lung darauf bedacht gewesen sei, Spannungen zu vermeiden, um die Gespräche nicht zu vergiften. Doch bei diesen dürfte das lateinamer­ikanische Land nicht noch mal so viele Zugeständn­isse machen. Außenminis­ter Luis Videgaray hat mehrfach betont, dass sein Land eher NAFTA verlassen werde, als einen schlechter­en Deal als den bestehende­n zu akzeptiere­n.

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