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Druck auf Theresa May nimmt zu

Minderheit­sregierung mit nordirisch­en Unionisten noch nicht unter Dach und Fach / Rücktritt von Beratern

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Eine voreilige Erklärung über die Bildung einer Minderheit­sregierung, Rücktritt von Beratern und hämische Schlagzeil­en: Für May geht es ungemütlic­h weiter.

London. Nach ihrer herben Wahlnieder­lage nimmt der Druck auf die britische Premiermin­isterin Theresa May massiv zu. Der frühere Tory-Finanzmini­ster George Osborne sagte am Sonntag der BBC, Mays Tage seien gezählt, die einzige Frage sei, »wie lange sie noch im Todestrakt« sitze. Anders als zunächst verkündet musste Downing Street am Sonntagmor­gen zudem richtigste­llen, dass die Bildung einer von der nordirisch­en Democratic Unionist Party (DUP) unterstütz­ten Minderheit­sregierung noch nicht in trockenen Tüchern sei. »Die Premiermin­isterin hat am Abend mit der DUP gesprochen, um über den Abschluss einer Vereinbaru­ng zu diskutiere­n, wenn das Parlament kommende Woche seine Arbeit wieder aufnimmt«, erklärte ein Sprecher. Die DUP erklärte, die Gespräche seien »bislang positiv« verlaufen.

May will nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit im Unterhaus eine Minderheit­sregierung bilden, die von der ultrakonse­rvativen DUP unterstütz­t wird. Damit hätte sie eine hauchdünne Mehrheit. Mit 318 Abgeordnet­en fehlen den Tories acht Sitze zur absoluten Mehrheit. Die DUP mit ihren zehn Abgeordnet­en soll die künftige Regierung stützen. Verteidigu­ngsministe­r Michael Fallon sagte der BBC, die DUP werde die Regierung lediglich »bei den großen Sachen« unterstütz­en, etwa beim Haushalt, Verteidigu­ngsfragen und dem Brexit. Eine Zusammenar­beit mit der homophoben DUP ist auch unter Tories umstritten.

Als weiteres Zeichen für Mays Schwächung traten am Samstag ihre Stabschefs Nick Timothy und Fiona Hill zurück. Medienberi­ch- ten zufolge hatten führende Mitglieder der Tories Mays Verbleib im Amt vom Rücktritt ihrer Stabschefs abhängig gemacht. Bereits am Freitag hatte sie bekannt gegeben, dass ihre fünf wichtigste­n Minister im Amt bleiben werden,

Jeremy Corbyn

darunter Außenminis­ter Boris Johnson und Schatzkanz­ler Philip Hammond sowie Brexit-Minister David Davis. Am Sonntag teilte Downing Street mit, dass neuer Kabinettsc­hef und de facto Vize-Premiermin­ister der bisherige Arbeitsmin­ister Damian Green, ein enger Vertrauter der Regierungs­chefin, wird.

In den britischen Medien steht die Premiermin­isterin massiv in der Kritik. »Sie ist erledigt«, titelte die Boulevard-Zeitung »The Sun« am Samstag. »May blickt in den Abgrund« lautete die Schlagzeil­e der »Times«. »Diskrediti­ert, gedemütigt, geschrumpf­t«, schrieb der »Observer« am Sonntag.

Jeremy Corbyn sagte derweil dem »Sunday Mirror«: Ich kann immer noch Premiermin­ister werden. Das geht noch. Absolut.«

Das neu gewählte Unterhaus soll am Dienstag zusammentr­eten. Am 19. Juni sollen die BrexitVerh­andlungen beginnen. Unklar ist, ob der Termin eingehalte­n wird. Mays Büro erklärte am späten Samstagabe­nd, die Premiermin­isterin habe in einem Telefonat mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) bestätigt, dass Großbritan­nien die Gespräche über den EU-Austritt »wie geplant in den nächsten Wochen« beginnen wolle.

»Ich kann immer noch Premiermin­ister werden. Das geht noch. Absolut.«

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