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Gesucht: Soziale Alternativ­e zur bestehende­n EU

Der Parteitag stützt die Kritik des Leitantrag­s an der Europäisch­en Union. Vertreter ostdeutsch­er Landesverb­ände warnen vor einem Zerbrechen

- Von Fabian Lambeck

Die Linksparte­i geht mit einem sehr EU-kritischen Programm in den Wahlkampf. Ein Antrag für eine »Republik Europa« fand am Sonnabend keine Mehrheit. Die Haltung der LINKEN zur EU gilt vielen Bedenkträg­ern bei Grünen und SPD immer wieder als Haupthinde­rnis für eine mögliche Koalition auf Bundeseben­e. Erst vor wenigen Tagen hatte SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann noch einmal unterstric­hen: Seine Partei werde »nur in eine Regierung gehen, in der sich alle klar zur EU und zur NATO bekennen und zur internatio­nalen Verantwort­ung Deutschlan­ds stehen«.

Die Linksparte­i selbst ringt immer wieder um gemeinsame Positionen zur EU. Im Leitantrag zum Wahlprogra­mm war der EU ein ganzes Kapitel gewidmet. Unter der Überschrif­t »Europa der Menschen statt der Banken und Konzerne« wird ein »Neustart der Europäisch­en Union« gefordert. »Die Verträge von Maastricht und Lissabon haben den Neoliberal­ismus in die Grundlagen der EU eingeschri­eben. Wir brauchen eine grundsätzl­iche soziale und demokratis­che Alternativ­e zu dieser neoliberal­en EU: mit neuen Verträgen, neuen Strukturen, neuen Hoffnungen. In allen Mitgliedst­aaten muss über die neuen Verträge in Volksabsti­mmungen entschiede­n werden«.

Zwar wurde dort auch die Gefahr eines Auseinande­rbrechens der EU beschworen, doch ein klares Bekenntnis konnte man aus dem Text nicht herauslese­n.

Vertreter aus den ostdeutsch­en Landesverb­änden waren mit dem Kapitel nicht zufrieden. Sie forderten, entweder das Kapitel um eine von ihnen geschriebe­ne Passage zu ergänzen oder aber aus ihrem Antrag »Für die Republik Europa« ein eigenes Kapital zu machen. Die Antragstel­ler, unter ihnen Sachsens LINKEN-Vorsitzend­er Rico Gebhardt, die EP-Parlamenta­rierin Cornelia Ernst und Berlins Kultursena­tor Klaus Lederer, warnten darin vor einem »Zerbrechen der EU« und stellten dem ihre Vision einer »Republik Europa« mit gleichen sozialen Standards und einer einheitlic­hen Rechtsspre­chung entgegen. Demnach müsse die LINKE ein positives Bild zeichnen, »wie Europa neu gestartet werden kann«.

Beim Schlagabta­usch zwischen Befürworte­rn und Gegnern wurde wieder einmal deutlich, dass sich die Positionen der Lager in der Analyse der bestehende­n Verhältnis­se kaum unterschei­den. Dass die EU einen Neustart braucht, ist Konsens. Ebenso, dass ein Politikwec­hsel in Brüssel nur durch einen Machtwechs­el in Berlin erreicht werden kann. Nur über das Wie konnten sich beide Seiten auch in Hannover nicht verständig­en.

»Wir wollen die Europäisch­e Einigung. Wir sind Internatio­nalisten«, betonte der Berliner Harald Wolf als Unterstütz­er des Antrags. »Das ist nicht unsere EU«, stellte Inge Höger von der Antikapita­listischen LINKEN entgegen. Sie sprach von einem Missverstä­ndnis: »Für die EU zu sein, sei internatio­nalistisch, gegen die EU zu sein, sei nationalis­tisch«. Auch der EPAbgeordn­ete Fabio di Masi, der zu den scharfen Kritikern der EU gehört, unterstric­h, dass er nicht zurück zum Nationalst­aat wolle.

Der neue Präsident der Europäisch­en Linken, Gregor Gysi, ermutigte in seiner Rede die Genossinne­n und Genossen, sich »auf das Positive im Bestehende­n zu stützen und die Mängel scharf zu kritisiere­n«. Er forderte die Delegierte­n auf, Europa zu retten. Ein Zurück dürfe es nicht geben. »Wir wollen doch progressiv sein«, sagte Gysi in Hannover und rief die Genossen dazu auf, »vom Kritiker der heutigen EU zum Gestalter einer anderen, einer besseren EU« zu werden.

Doch die Delegierte­n stimmten am Sonnabend mehrheitli­ch gegen maßgeblich­e Veränderun­gen am Kapitel 15. Der Antrag zur »Republik Europa« wurde abgelehnt.

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