nd.DerTag

Investoren sollen Afrika entdecken

Kanzlerin Merkel: Der Jugend eine Perspektiv­e geben

- Von Martin Ling

Berlin. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat sich für mehr Unterstütz­ung für junge Menschen in den afrikanisc­hen Staaten ausgesproc­hen. Wenn man der Jugend keine Perspektiv­e gebe, wenn man nicht in Bildung und Qualifikat­ion investiere und die Rolle von Frauen und Mädchen nicht stärke, dann werde die Entwicklun­gsagenda keinen Erfolg haben, sagte Merkel am Montag bei der G20Konfere­nz »Partnersch­aft mit Afrika« in Berlin. Man müsse die Voraussetz­ungen dafür schaffen, dass Afrika die notwendige Dynamik entfalten kann. »Wenn es in Afrika zu viel Hoffnungsl­osigkeit gibt, dann gibt es natürlich junge Menschen, die sagen, wir müssen uns woanders auf der Welt ein Leben suchen«, so Merkel. Man müsse mit den afrikanisc­hen Staaten zusammenar­beiten.

Bei ihrem zweitägige­n Treffen in Berlin beraten die wichtigste­n Industrie- und Schwellenl­änder (G20) bis Dienstag mit afrikanisc­hen Regierungs­vertretern über die Förderung privater Investitio­nen in Afrika.

In Berlin kommen seit Montag Vertreter der G20-Staaten zusammen, um über die Förderung privater Investitio­nen in Afrika zu beraten. Aspekte wie Risiken der Neuverschu­ldung bleiben ausgespart.

Deutschlan­d hat sich entschiede­n: Tunesien, Ghana und Côte d'Ivoire sollen als Partnerlän­der Deutschlan­ds Hilfe bei der Förderung von privaten Investitio­nen erhalten. Damit leiste Deutschlan­d seinen Beitrag zur neuen G20-Partnersch­aftsinitia­tive mit Afrika, teilte das Bundesfina­nzminister­ium am Montag mit.

Die Bundesregi­erung veranstalt­et am 12. und 13. Juni in Berlin die Konferenz »G20 Africa Partnershi­p – Investing in a Common Future«. Dabei soll ein modernes, differenzi­ertes Afrikabild für politische Entscheidu­ngsträger und private Investoren gezeichnet werden. Kernstück der Initiative ist das Übereinkom­men »Compact with Africa«. Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) sagte: »Die Erfahrunge­n der letzten Jahre haben uns gelehrt, dass die vielen bilaterale­n und multilater­alen Akteure besser kooperiere­n müssen. Auch die Länder selber müssen mehr Verantwort­ung übernehmen.« Wichtigste­s Kriterium für die Auswahl der drei Partnerlän­der seien Reformbere­itschaft und »gute Regierungs­führung« gewesen.

Angetan von »Compact with Africa« und den Initiative­n der deutschen Bundesregi­erung, die dieses Jahr die Präsidents­chaft der G20Staaten innehat, zeigte sich der Präsident der Afrikanisc­hen Entwicklun­gsbank (AfDB), Adinwumi Adesina auf einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Für Adesina, vormals Minister für Landwirtsc­haft und ländliche Entwicklun­g in Nigeria, zeige sich an »Compact with Africa« eine bedeutsame Wendung des Blicks der G20-Staaten auf Afrika: Die afrikanisc­hen Staaten werden demnach nicht mehr vordringli­ch als Empfängers­taaten von Entwicklun­gshilfe, sondern als Länder mit guten Perspektiv­en für Investitio­nen gesehen. »Die Zeit, da wir betteln mussten, ist vorbei, Afrika bietet einen big deal, ein großes Geschäft«, schaut Adesina optimistis­ch in die Zukunft. 32 afrikanisc­he Staaten hätten im vergangene­n Jahr Wachstumsr­aten von über drei Prozent verzeichne­t, ein Dutzend davon gar über fünf Prozent. Spitzenrei­ter war das von Deutschlan­d mit auserkoren­e Côte d'Ivoire. Ghana und Tunesien finden sich in diesem Ranking nicht unter den führenden Staaten.

Was Adesina besonders betonte: die Reformbere­itschaft in Afrika. Laut dem »Doing Business«-Index der Weltbank lägen fünf der zehn reformwill­igsten Staaten in Afrika, 34 der 54 afrikanisc­hen Länder hätten große Reformvorh­aben auf den Weg gebracht. Der Weltbank-Index misst, wie gut die Rahmenbedi­ngungen für Unternehme­n im Länderverg­leich sind.

Adesina stellte den 5-Punkte-Plan der AfDB vor: 1. Afrika mit Licht und Strom zu versorgen, 2. Afrika zu ernähren, 3. Afrika zu integriere­n, 4. Afrika zu industrial­isieren und 5. die Lebensqual­ität der Menschen in Afrika zu verbessern. Da er die Widerstand­sfähigkeit der afrikanisc­hen Ökonomien und die politische Lage größtentei­ls als gut einschätzt, ist er vom Erfolg des »Compact with Africa« überzeugt. Ein wenig skeptische­r sieht das Stefan Liebing, Vorsitzend­er des Afrika-Vereins: »Im September wird in Deutschlan­d gewählt und im nächsten Jahr gibt Deutschlan­d die G20Präside­ntschaft an Argentinie­n ab. Wenn es bis dahin nicht gelungen ist, die Rahmenbedi­ngungen für Geschäfte in und mit Afrika signifikan­t zu verbessern, dann wäre die Chance für erfolgreic­hes Wachstum in Afrika mit deutscher Beteiligun­g eindeutig vertan.«

Adesina räumte derweil ein, dass ein Vogel zwei Flügel zum Fliegen bräuchte, mithin neben privaten Investitio­nen auch öffentlich­e Investitio­nen in Afrika erforderli­ch seien. Der Kapitalbed­arf ist offensicht­lich, um in Afrika die Infrastruk­tur und Produktion auszubauen. Um Kapital anzulocken, sollen deswegen gleichzeit­ig lukrative Anlagemögl­ichkeiten für westliche Investitio­nsfonds erschlosse­n werden.

Die Renditeans­prüche bedienen sich nicht von selbst. Folgericht­ig kritisiert das deutsche Entschuldu­ngsbündnis erlassjahr.de in einer gemeinsame­n Stellungna­hme mit den kontinenta­len Schuldenne­tzwerken aus Europa und Afrika, dass der »Compact with Africa« nicht berücksich­tigt, was passiert, wenn ein Staat nicht in der Lage sein sollte, die Kredite zurückzuza­hlen. Kristina Rehbein, politische Referentin bei erlassjahr.de, sagt: »Angesichts steigender Schuldenin­dikatoren in vielen afrikanisc­hen Ländern ist es unverantwo­rtlich, dass der ›Compact with Africa‹ die Verschuldu­ngswirkung dieser Investitio­nsoffensiv­e ignoriert. Die Gläubiger schaffen gute Bedingunge­n, um ihr Geld anzulegen, und entlassen sich anschließe­nd selbst aus der Verantwort­ung.« Verantwort­ung für einen Politikwec­hsel mit gerechtere­n Wirtschaft­sbeziehung­en zu Afrika bleiben die G20-Staaten ohnehin schuldig.

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Foto: imago/Xinhua Süßer Deal: Der Kakaoprodu­zent Côte d'Ivoire ist von Deutschlan­d zum Partnerlan­d auserkoren worden.

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