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Weder Quark noch Granit

Rot-rote Landesregi­erung spricht ihr letztes Wort zur Kreisgebie­tsreform

- Von Winfried Neiße »Das ist kein Reförmchen, sondern eine Reform.« Karl-Heinz Schröter, Innenminis­ter

Die Regierung legte am Montag den Gesetzentw­urf zur Kreisgebie­tsreform vor. Aus 14 Landkreise­n und vier kreisfreie­n Städten sollen elf Kreise gebildet werden und Potsdam soll kreisfrei bleiben.

In der Auseinande­rsetzung um die Kreisgebie­tsreform hat die rot-rote Landesregi­erung am Montag ihr letztes Wort gesprochen. Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) stellte die Gesetzesen­twürfe für die Kreisneugl­iederung und die Funktional­reform vor, wie sie nun »umgehend dem Landtag zugeleitet werden«.

Eine inhaltlich­e Überraschu­ng hat es dabei nicht mehr gegeben. In den groben Zügen geht die Landesregi­erung nicht mehr über die Korrektur hinaus, die sie an den eigenen Plänen vorgenomme­n hatte, nachdem eine Volksiniti­ative 129 464 Unterschri­ften gegen die Reform zusammenbe­kommen hatte. Aus den gegenwärti­g bestehende­n 14 Landkreise­n und vier kreisfreie­n Städten sollen im Jahr 2019 elf Landkreise gebildet werden und als kreisfreie Stadt soll nur Potsdam übrig bleiben.

Ausdrückli­ch erklärte der Ministerpr­äsident, er werde das geplante Volksbegeh­ren gegen die Kreisrefor­m nicht vor das Landesverf­assungsger­icht bringen. Die Regierung hätte vom Verfassung­sgericht prüfen lassen können, ob das Volksbegeh­ren überhaupt zulässig ist. Die Gegner der Kreisrefor­m wollen notfalls auch noch einen Schritt weiter gehen und die Reform mit einem Volksentsc­heid verhindern.

Woidke forderte CDU und Freie Wähler auf, ihre »abenteuerl­ich-negative Polemik einzustell­en« und »endlich in einen konstrukti­ven Dialog einzutrete­n«. Er berief sich darauf, dass es zu Beginn des inzwischen siebenjähr­igen Diskussion­sprozesses im Landtag eine breite Mehrheit für eine Neuglieder­ung gegeben habe.

Nachdem die Landesregi­erung von ersten Plänen Abstand genommen hatte und die künftige Eigenständ­igkeit der heutigen Kreise Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald bestätigt hatte, sowie erklärte, auf einen Großkreis in der Lausitz verzichten zu wollen, geriet sie von zwei Seiten unter Beschuss. Denn die Gegner der Reform witterten Morgenluft und bisherige Mitstreite­r mutmaßten nun, dass sich eine Reform in diesem Stadium nicht mehr lohne.

Was jetzt vorliege sei aber »kein Reförmchen, sondern eine Reform«, unterstric­h Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) am Montag bezogen auf dergleiche­n Einwände. Veränderun­gen würden dort vorgenomme­n, wo die Bevölkerun­gsentwickl­ung dazu zwinge. Die Korrektur beweise, dass die Pläne »eben nicht in Granit gemeißelt waren« und die rot-rote Regierung durchaus bereit gewesen sei, Kritikern entgegenzu­kommen.

Am Kern der Reform ändert die Koalition nichts. Sie bleibt bei ihrer Absicht, die bislang kreisfreie­n Städte Brandenbur­g/Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) mit den umliegende­n Landkreise­n zu fusioniere­n. Hier schlägt ihr auch der stärkste Widerstand entgegen.

Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE) erklärte am Montag dazu, das Land stelle für diese Umstellung Summen bereit, die »teilweise das Dreifache« dessen betragen würden, was in anderen Bundesländ­ern bei dieser Gelegenhei­t zugestande­n worden sei. Rund 450 Millionen Euro sollen demnach für die Teilentsch­uldung der Städte, als Anpassungs­zuschuss und als Mehrbedarf­sausgleich aufgebrach­t werden. Auch sei eine höhere Förderung für die Einrichtun­gen von Kultur und Kunst an diesen Orten vorgesehen. Auf diese Weise gewinne das Land eine Struktur und eine Aufgabenve­rteilung, die auch in 20 oder 30 Jahren noch Bestand haben könne.

Unterschri­ften gesammelt hatten die CDU, die Freien Wähler und die im Moment nicht im Landtag vertretene FDP. Auch die AfD hatte Unterschri­ften gesammelt und Anschluss an die Volksiniti­ative gesucht, war aber von den anderen Parteien auf Abstand gehalten worden.

CDU-Fraktionsc­hef Ingo Senftleben bekräftigt­e am Montag: »Wir lehnen die Kreisrefor­m ab.« Der Gesetzentw­urf sei »ein weiterer Beleg für den Zentralism­uswahn der Regierung Woidke und bleibt jede seriöse Begründung für die geplanten Zwangsfusi­onen schuldig«. Woidke wolle schlichtwe­g die Umsetzung dieses Projektes erzwingen – »gegen jede Vernunft, gegen die Mehrheit der Brandenbur­ger und trotz der klaren Warnung vieler kommunaler Vertreter«. Senftleben behauptete, mit dieser Reform würden tausende Arbeitsplä­tze abgebaut, es müssten Steuern und Abgaben erhöht werden und in vielen Regionen würden die Möglichkei­ten der demokratis­chen Mitgestalt­ung beschnitte­n.

Der Landtagsab­geordnete Péter Vida (Freie Wähler) urteilte: »Die vorgelegte Fassung trägt den Kritiken und Hinweisen politische­r, wissenscha­ftlicher, gesellscha­ftlicher und sozialer Akteure in keiner Weise Rechnung.«

 ?? Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er ?? Ministerpr­äsident Woidke (r.) und Innenminis­ter Schröter informiert­en am Montag in der Staatskanz­lei über die Kreisrefor­m.
Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Ministerpr­äsident Woidke (r.) und Innenminis­ter Schröter informiert­en am Montag in der Staatskanz­lei über die Kreisrefor­m.

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