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Niedrigere Standards auf Straßen

Bremer SPD will Bau-Gesetze ändern – und an der falschen Stelle sparen

- Von Alice Bachmann, Bremen

In fast allen Bereichen der öffentlich­en Daseinsvor­sorge wird die Bremer rot-grüne Regierung zunehmend massiver mit dem Vorwurf des Kaputtspar­ens konfrontie­rt.

Die Stimmen werden mehr und lauter, die fordern, der nächsten Generation keinen Berg Altlasten zu hinterlass­en. Das scheint die SPD-Fraktion der Hansestadt aber nicht zu beeindruck­en. Im Gegenteil, treibt sie das kurzfristi­ge Sparen, welches sich auf längere Sicht als die teurere Variante erweist, mit Forderunge­n nach Standardab­senkungen im Straßenund Wegebau auf die Spitze.

In einem Fragen- und Forderungs­katalog an den Senat wird gefragt, wo und wie geltende Standards und Mindestanf­orderungen abgesenkt werden können, um mit dem vorhandene­n knappen Budget mehr Kilometer zu machen. Was wörtlich gemeint ist, denn die Sozialdemo­kraten wollen wissen, »wie viele Verkehrsfl­ächen (in km)« bisher mit dem zur Verfügung stehenden Budget pro Haushaltsj­ahr hergestell­t werden konnten und wie sich das steigern lässt.

Auch wird dezidierte Auskunft verlangt, in welchen Gesetzen und Regelungen die Standards festgelegt und wie die Entscheidu­ngswege für deren Absenkung sind. Auch hier will die SPD-Fraktion genau wissen, ob und welche Entscheidu­ngen der Senat allein treffen kann und wann die Stadtbürge­rschaft Bremens, wann der Bremer Landtag – die Bremische Bürger- schaft – zuständig sind. Das sind wichtige Informatio­nen, geht es doch um Mehrheiten. Entscheide­t der Senat, wird einfach nur noch eine Runde im offen ausgetrage­n Kampf der SPDFraktio­n mit dem grünen Partner eingeläute­t. Wobei die Koalition eigentlich noch zwei Jahre bis zur nächsten Landtagswa­hl vor sich hat, aber beide Partner jetzt schon keine Gelegenhei­t auslassen, ihre Meinungsve­rschiedenh­eiten öffentlich auszutrage­n.

Ist es Sache der Bürgerscha­ft, über notwendige Änderungen von Bau-Gesetzen oder Verordnung­en zu entscheide­n, sieht es finster aus für die Koalition, da sie nur über eine EinStimmen-Mehrheit verfügt. Sollte sich der grüne Bau-, Verkehrs- und Umweltsena­tor Joachim Lohse noch den Sachzwänge­n oder der Koalitions­räson beugen, so könnten doch grüne Abgeordnet­e ausscheren.

Positive Wirkung hat das Manöver der SPD-Fraktion aus ihrer Sicht schon gezeigt. Der Vorschlag aus dem Bauressort, statt die für alte Bremer Quartiere traditione­llen Kopfsteinp­flaster zu erneuern, einfach diese engen winkeligen Straßen zu asphaltier­en, kam nicht gut an. Es sind die Quartiere, die trotz oder gerade wegen der uralten Häuser, der schmalen Fußwege und der holprigen Straßen bei Intellektu­ellen sehr beliebt sind. Mit den Alteingese­ssenen verbindet sie die Leidenscha­ft für diese typische Bremer Bauweise, die sich noch mitten in der Stadt findet. Außerdem verbindet sie eine intensive Asphalt-Abneigung, die sich nicht mit so profanen Argumenten wie der Lärmeindäm­mung mindern lässt. Gekontert wird mit dem Charme des jeweiligen Viertels. Als vermeintli­ch einziger Böser wird der grüne Bausenator ausgemacht.

Aber auch dem Bauressort liegt Kostenopti­mierung am Herzen, weshalb dort diskutiert wird, grundsätzl­ich Asphalt Steinen vorzuziehe­n. Als Argumente werden größere Barrierefr­eiheit und Verkehrssi­cherheit sowie Lärmminder­ung genannt.

Es sind die Quartiere, die trotz oder gerade wegen uralter Häuser, schmaler Fußwege und holpriger Straßen sehr beliebt sind.

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