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Dunkelziff­er ist hoch

Schuldnerb­eratung in Sachsen-Anhalt arbeitet an der Kapazitäts­grenze

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Magdeburg. Die Schuldner- und Insolvenzb­eratungsst­ellen in Sachsen-Anhalt arbeiten an ihren Kapazitäts­grenzen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen PresseAgen­tur. »In Sachsen-Anhalt ist Schuldnerb­eratung notwendige­r als anderswo«, sagte Astrid Albrecht, Leiterin der Schuldner- und Insolvenzb­eratung der Verbrauche­rzentrale Sachsen-Anhalt. Halle belegte 2016 laut Schuldnera­tlas mit 16,85 Prozent Platz neun der Städte mit der höchsten Überschuld­ungsquote. »Wir haben hier eine andere Arbeits- und Rentenstru­ktur«, sagte Albrecht. Gerade darum sei eine vernünftig­e Prävention­sarbeit wichtig. Doch mit den zur Verfügung stehenden Mitteln sei die zusätzlich­e Vermittlun­g von Wirtschaft­swissen etwa in Schulen nicht möglich.

Aus Mangel an Kapazität würde zwar eine gleichblei­bende Zahl überschuld­eter Menschen beraten, sagte Albrecht. Die Dunkelziff­er sei viel höher. Nur etwa zehn Prozent der Überschuld­eten kämen in die kostenlose­n Beratungss­tellen, schätzte Johannes Spenn, Referent für gesellscha­ftliche Integratio­n der Diakonie Mitteldeut­schland. Die Kosten für eine Insolvenzb­eratung trägt das Land, Geld für Schuldnerb­eratung kommt von den Kommunen. 2016 seien 2825 Verbrauche­rinsolvenz­beratungen abgeschlos­sen worden, so das Landesverw­altungsamt.

Die Finanzieru­ng der Schuldnerb­eratung ist abhängig von Landkreis oder kreisfreie­r Stadt: Je nachdem sind die Bedingunge­n, an die eine soziale Schuldnerb­eratung gekoppelt ist, unterschie­dlich. »Das ist ein Dilemma«, sagte Susan Fritzsch. Sie berät verschulde­te Menschen bei der Arbeiterwo­hlfahrt Magdeburg. »Wir dürfen in der Schuldnerb­eratung nur Arbeitslos­engeld II- und Sozialhilf­eempfänger beraten.«

Verschulde­te, die arbeiteten, dürften in Magdeburg nur bezüglich einer Insolvenz beraten werden, so Fritzsch, nicht aber zum Regulieren der Schulden. »Es ist dramatisch, wenn jemand wegen der psychische­n Belastung durch Schulden dann auch noch seine Arbeit verliert.« Meist würde in der Beratung aber ohnehin das Insolvenzv­erfahren vorbereite­t, berichtete Albrecht aus Halle.

Ratsuchend­e seien häufig zwischen 18 und 25 Jahre alt. »Sie haben oft zu teure Handyvertr­äge oder verschulde­n sich mit der Miete«, so Albrecht. Die Zahl der Rentner, die sie berät, habe etwas zugenommen. Sie hätten häufig keine Rücklagen und verschulde­ten sich mit Konsumkred­iten. »Typisch ist auch, dass die Kinder sie um finanziell­e Unterstütz­ung fragen.« Eine dritte Gruppe sei die alleinerzi­ehende Mutter, die für ihren Ex-Freund Verträge abgeschlos­sen hat.

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