Postamerikanischer Realismus
Zu »Eine deutsche Bierzeltrede und die Linke«, 3.6.,S. 21
Die zehn Thesen von Tom Strohschneider erfassen ein weites Spektrum der derzeitigen Aktivitäten zum »postamerikanischen Realismus«. Ja, derzeit rauscht im deutschen Blätterwald die Aussage Angela Merkels: »Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück weit vorbei.« Das sind jedoch nur Teile des Problems, sie klingen, als wären es neue Erkenntnisse.
Derzeit vollziehen sich globale Prozesse der Veränderung der Kräfteverhältnisse und Machtstrukturen. Vor allem im eurasisch-pazifischen Raum entstehen neue politische und wirtschaftliche Kräftezentren. Dabei verringert sich das Machtpotenzial der USA und ihre Rolle als Führungsmacht. Das wiederum hat Auswirkungen auf Europa. Die USA verfügen jedoch nach wie vor über das stärkste Militärpotenzial, sie sind bereit dieses auch anzuwenden, wenn es um ihre Interessen geht.
Bereits am 16. 10. 2013 veröffentlichte das Institut für Wissen- schaft und Politik gemeinsam mit seinen US-amerikanischen regierungsnahen Partnereinrichtungen die Aussage über die »geschrumpften materiellen Ressourcen« der USA und forderte die Übernahme einer »höheren Verantwortung durch die Partner«. Dieser Standpunkt der USA dürfte somit für Frau Merkel und für die Öffentlichkeit nicht überraschend sein.
Die derzeitige Diskussion über die Stärkung der Rolle Europas bezieht sich vorwiegend auf Fragen der Wirtschaft, des Umweltschutzes und des Handels. Relativ still verbleibt die militärische Seite. Sicher hat das seine Bewandtnis. Die Realität ist jedoch eine andere. Bereits im Weißbuch der Bundeswehr 2016 wurde eine Orientierung vorgegeben. Gestützt auf die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU enthält das Weißbuch, außer den Aufgaben für die Bildung eine Europaarmee, ein breit gefächertes Aufgabengebiet beginnend von den Maßnahmen zur Beherrschung der Migrationspolitik bis hin zur den Aufgaben Verteidigungsindustrie.
Bestandteil sind »Beiträge – auch als Führungsnation«. Die herrschenden Kreise der BRD streben ein Kräftezentrum Europa unter deutscher Führung und evt. französischer Machtbeteiligung an. Die Partei DIE LINKE ist gut beraten, die Ursachen und Zusammenhänge dieser globalen Veränderungen in ihrer Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen und ihre Politik auf eine friedliche Gestaltung der bevorstehenden Veränderungen zu richten.