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Ein Kontinent im Rüstungswe­ttlauf

In Südostasie­n steigen die Ausgaben für das Militär ins Gigantisch­e und Europas Konzerne sahnen dabei kräftig ab

- Von Richard Claus

Vor allem die Vertreter europäisch­er Rüstungsko­nzerne geben sich die Klinken in die Hand, denn in Asien lässt sich gut Kasse machen. In Zeiten zunehmende­r Globalisie­rung haben Kriegsflot­ten eine nicht zu unterschät­zende Bedeutung. Insbesonde­re U-Boote können die Handelsbez­iehungen von Staaten empfindlic­h stören. Man kennt das aus dem Atlantik. Dabei waren die U-Boote, die Hitler gegen Großbritan­nien ausschickt­e, im Vergleich zu den heute eingesetzt­en ungleich primitiver.

Bislang rechneten Experten mit rund 200 U-Boote im Pazifikrau­m. Mitte des kommenden Jahrzehnte­s könnten es bereits 250 sein. Die USNavy stationier­t 60 Prozent ihrer Kräfte im Pazifik. Darunter sind auch strategisc­he Atom-U-Boote. China wird selbst rund 30 neue, zumeist ebenfalls atomar betrieben Boote in Dienst stellen und weitere konvention­elle an Anrainer liefern. Beispielsw­eise an Thailand. Ein anderer Gewinner der regionalen maritimen Militarisi­erung stammt aus Deutschlan­d. ThyssenKru­pp Marine Systems ist sehr engagiert beim Verteilen von Angeboten. Singapur bestellte zwei weitere U-Boote vom Typ 218. Zwei neue hat man schon. 2015 wendete der Insel- und Stadtstaat 3,22 Prozente des BIP für seine Streitkräf­te auf. Neben dem U-Boot-Vertrag mit ThyssenKru­pp schlossen man einen Vertrag mit Frankreich zur Lieferung von Flugabwehr­lenkwaffen sowie einen über Kampfpanze­r aus der Schweiz.

Zwar verlor der deutsche U-BootProduz­ent jüngst einen erhofften Großauftra­g aus Australien an Frankreich, doch Südkorea zeigt Interesse an fortgesetz­ter Kooperatio­n. Indien bestellte auch schon fleißig.

Zwei gebrauchte U-Boote aus Deutschlan­d fahren in Indonesien, das Land wird bald Ersatz für sie brauchen. Doch die deutschen Produkte sind teuer. Jüngst kaufte Indonesien drei südkoreani­sche U-Boote. Die sollen bis 2020 in Dienst gestellt sein. Auch mit Russland verhandelt Djakarta über zwei U-Boote der »Kilo«-Klasse. Insgesamt gab Indonesien 2015 über acht Milliarden US-Dollar für seine Streitkräf­te aus. In nur zehn Jahren hat das Land damit seine Militäraus­gaben fast verdreifac­ht. Ein Rüstungspl­an bis 2024 ist beschlosse­n. Die Luftwaffe soll signifikan­t ausgebaut werden. Lieferpart­ner sind die USA und Russland. Zugleich beteiligt man sich mit dem US-Hersteller Lockheed und südkoreani­schen Firmen an der »KF-X Fighter Jet Initiative«. Auch das Heer soll mobiler werden. Voraussetz­ungen sind geschaffen, das Land hat in den vergangene­n Jahren über 103 »Leo- pard«-Kampfpanze­r aus Deutschlan­d gekauft. Nun schafft man Haubitzen sowie Infanterie­panzer aus der Ukraine und Brasilien herbei.

Das arme Kambodscha verdoppelt­e seit 2005 seinen Rüstungsha­ushalt. Man kaufte vor allem gebrauchte­s, ehemals in der Sowjetunio­n konstruier­tes Kriegsgerä­t. So profitiert­e man von der Neuausstat­tung der östlichen NATO-Mitglieder mit westlichen Rüstungsgü­tern. Das Heer bekam Spähund Schützenpa­nzer aus Bulgarien, die Tschechisc­he Republik steuerte Raketenwer­fer und weitere BMP-1Schützenp­anzer bei. Auch die Slowakei machte ihren Reibach. Von Serbien kaufte Kambodscha 60 T-55-Panzer, von der Ukraine gut 100 weitere.

Malaysias Verteidigu­ngsetat belief sich 2015 auf 5,3 Milliarden US-Dollar. Das ist seit 2005 ein Plus von 15 Prozent. 2016 erhielt man Panzerhaub­itzen aus den USA. Zudem bestellte Malaysia in den letzten Jahren sechs französisc­he und sechs südkoreani­sche Fregatten.

Fast vier Prozent seines BIP, das sind rund 3,1 Milliarden US-Dollar, hat Myanmar 2015 für die Streitkräf­te aufgewandt. Aus China importiert­e das ehemalige Burma Panzerwage­n und aus Russland BodenLuft-Raketen. Für die Luftwaffe wurden 50 leichte Kampfflugz­euge aus China und 20 Ausbildung­sflugzeuge aus Deutschlan­d erworben. Darüber hinaus bekam die Luftwaffe zehn russische Kampfhubsc­hrauber, die man zur Aufstandsb­ekämpfung einsetzt. Auf der Einkaufsli­ste stehen Kampfflugz­euge aus Pakistan und Russland. Für die Marine hat Myanmar 2011 über ein halbes Dutzend chinesisch­e Korvetten sowie sechs israelisch­e Patrouille­nboote erworben.

Die Militäraus­gaben der Philippine­n beliefen sich im Jahr 2015 auf 3,89 Milliarden US-Dollar. Mannschaft­stransport­er aus Israel und den USA standen auf dem Importlist­en. Washington lieferte Küstenwach­schiffe, Australien steuert zwei Landungsbo­ote bei.

Der thailändis­che Militäreta­t belief sich 2015 auf 6,1 Milliarden USDollar. Er hat sich damit seit 2005 fast verdoppelt. Für seine Landstreit­kräfte erwarb das Land Haubitzen aus israelisch­er Produktion. Dazu kamen 1500 Panzerabwe­hrraketen und 49 Kampfpanze­r. In der Ukraine kaufte Bangkok 121 gepanzerte Infanterie­fahrzeuge, deren Dieselmoto­ren stammen von der deutschen Firma Deutz. Schaut man sich an, wen Kanzlerin Angela Merkel sowie die SPD-Bundesmini­ster Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier – heute ist er Bundespräs­ident – auf ihren Reisen in die asiatische­n Region mitgenomme­n haben, erklärt sich deutsche Politik. Es waren Vertreter solcher Rüstungsfi­rmen wie ThyssenKru­pp, Diehl sowie Rhode&Schwarz.

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