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Nawalny schweigt und 1,3 Millionen Russen fragen Putin

30 Tage Arrest für Opposition­ellen nach nicht genehmigte­r Demo auf der Twerskaja / Präsident vor TV-Livesendun­g »Direkter Draht«

- Von Klaus Joachim Herrmann

Den Protest am Nationalfe­iertag konnte Präsident Putin als Einstimmun­g auf seine Live-TV-Schaltung mit den Bürgern verstehen. Seine nächste Botschaft kündigte Alexej Nawalny noch aus dem Moskauer Gerichtssa­al per Video »wahrschein­lich in einem Monat, nicht früher« an und ließ diesen Auftritt am Dienstag auf seine Webseite stellen.

Das längere Schweigen ist einem über den prominente­n Opposition­ellen am Montagaben­d verhängten »administra­tiven Arrest« von 30 Tagen wegen des Aufrufs zu einer ungenehmig­ten Demonstrat­ion auf der Moskauer Twerskaja Straße am russischen Nationalfe­iertag zu Wochenbegi­nn geschuldet. Der 41-jährige werde dann viel lesen und schlafen, seine Anhänger sollten hingegen den Kampf gegen die Korruption fortsetzte­n, empfahl er. Sein Anwalt kündigte aber an, in Berufung und vielleicht bis zum Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte gehen zu wollen.

Der russische Präsident und Nawalnys prominente­ster Widersache­r, Wladimir Putin, übernahm derweil wieder die Schlagzeil­en mit Äußerungen aus einem vierteilig­en Dokumentar­film des US-Starregiss­eurs Oliver Stone über den Kremlchef. Der hat von Dienstag bis Donnerstag in den USA Premiere und gibt nicht nur Auskunft über politische Themen, sondern auch die beiden Töchter und Putin als Großvater.

Der hat als Staatschef in seiner traditione­llen TV-Livesendun­g am Donnerstag wieder einen »direkten Draht« zu seinen Landsleute­n. Als »populär« eingestuft wurden dabei Themen wie »Gründe der Russophobi­e im Westen« und die Ukrainekri­se. Doch die bislang von 1,3 Millionen Russen eingereich­ten Fragen betreffen laut dem Kanal »Rossija 24« über- wiegend den Zustand von Straßen, Wohnungsba­u, Ärger mit örtlichen Verantwort­lichen und das Bildungswe­sen – also Themen der jüngsten Proteste.

So wird es ohne einen Blick auf die Opposition nicht abgehen. Nach Angaben der Bürgerrech­tsorganisa­tion OVD Info waren am Montag mehr als 1500 Demonstran­ten festgenomm­en worden – in Moskau wurden mehr als 820 Festnahmen gezählt, in Sankt Petersburg rund 600 geschätzt.

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