Uber kommt nicht aus der Krise
Nach Skandalen wackelt auch der Stuhl des Chefs
Noch bevor der frühere US-Justizminister Eric Holder seinen Bericht über die ruppige Unternehmenskultur beim Taxi-Dienst Uber vorlegte, zog die Unternehmensspitze Konsequenzen: In der vergangenen Woche wurden 20 UberMitarbeiter entlassen, Vizepräsident Emil Michael trat am Montag von seinem Führungsposten zurück. Der Verwaltungsrat hat darüber diskutiert, Uber-Mitbegründer und -Chef Travis Kalanick für drei Monate in den Zwangsurlaub zu schicken, um ihn während der Untersuchungen über Personalführung und sexuelle Belästigung im Unternehmen aus der Schusslinie zu nehmen.
Das soll den Eindruck erwecken, dass bei Uber aufgeräumt wird. »Der Verwaltungsrat versucht offenkundig, das Ansehen von Uber zu ändern«, sagte Jeremy Robinson-Leon von der PR-Firma Group Gordon. »Das sendet ein Signal an die Aktionäre aus, dass es Veränderungen geben wird, in der einen oder anderen Form.«
Über das Schicksal von Kalanick ist noch nicht entschieden. Das wirft Fragen über die Zukunft des 2009 gegründeten Unternehmens auf, dessen Wert heute auf 68 Milliarden Dollar (60,6 Milliarden Euro) geschätzt wird. »An der Spitze gibt es ein riesiges Vakuum«, sagt Carl Tobias von der Universität Richmond. Der Rechtsprofessor hat Studien zum Phänomen Uber gemacht. »Ich weiß nicht, wie die Zukunft dieses Unternehmens aussehen wird.«
Auch die Vergangenheit ist turbulent: Vorwürfe, dass es bei Uber wiederholt zu sexistischen Übergriffen gekommen sei, wurden publik, als Ex-Mitarbeiterin Sarah Fowler im Februar auf ihrem Internetblog darüber berichtete, dass sie als Opfer solcher Belästigungen mit ihren Beschwerden in der Firma von den Vorgesetzten völlig allein gelassen worden sei. Fowler arbeitet inzwischen bei einer anderen Firma im Silicon Valley.
Uber hatte zuvor schon viel Ärger. Man warf der Firma vor, illegale Programme zu benutzen, um der Kontrolle von Polizei und Behörden zu entgehen. Vor Gericht muss noch geklärt werden, ob Uber ein Technologieunternehmen ist, wie die Firmenleitung geltend macht, oder doch nur ein Taxidienst mit etwas anderer Fahrgastbehandlung. Uber wurde auch vorgeworfen, es habe Technologie von anderen Unternehmen gestohlen, konkret von Waymo, das zur Google-Mutter Alphabet gehört. Kalanick soll zudem Fahrer heftig kritisiert und Fahrten von Demonstranten zu Protesten gegen Donald Trumps Einreiseverbot unterbunden haben.
Nach Fowlers Blogbeitrag geriet aber selbst der sonst so überhebliche Kalanick unter Druck. Er beauftragte Ex-Justizminister Holder damit, die Sachverhalte zu klären. Dessen Bericht wird nun auch Uber-Mitarbeitern zugänglich gemacht. Darin sollen 215 Fälle sexueller Belästigung, Mobbing und unprofessionellen Verhaltens gegenüber Mitarbeitern aufgezählt werden. Die werden nun von der Anwaltsfirma Perkins untersucht.
Im Holder-Bericht wird der Uber-Führung empfohlen, Frauen in den Vorstand zu holen, um dem Management den Charakter eines Männerclubs zu nehmen – die Gruppe um Kalanick nannte sich »A-Team« nach der bekannten Fernsehserie. Zu den Neuen sollen Nestlé-Managerin Wan Ling Martello, Wirtschaftsprofessorin Frances Frei von der Universität Harvard und Ex-Apple-Managerin Bozoma Saint John gehören.
Ubers Konkurrent Lyft profitiert von der Situation. Er hat laut den Marktbeobachtern von TXB einen Anteil von 25 Prozent bei Funktaxidiensten in den USA. Im Januar, bevor bei Uber der Sturm losbrach, waren es 18 Prozent.