nd.DerTag

Kicken auf dem Kilimandsc­haro

Fußballeri­nnen zweier internatio­naler Teams wollen auf knapp 5800 Meter für Frauenrech­te und gegen Diskrimini­erung spielen

- Von Ulli Brünger, Bochum

Mit dem Gipfelspie­l soll ein Zeichen gegen Diskrimini­erung von Mädchen und Frauen im Fußball gesetzt werden. Die deutsche Ex-Kickerin Petra Landers kehrt dafür auf den Platz zurück. Die Idee scheint verrückt, doch Petra Landers kann das nicht abschrecke­n. Die ehemalige deutsche Fußball-Nationalsp­ielerin zögerte keine Sekunde, als sie Ende Januar das Angebot bekam, Teil des wohl ambitionie­rtesten Projekts im Frauenfußb­all zu sein, das es je gab. »Ich habe sofort zugesagt, weil es für eine gute Sache ist«, sagt die 55-jährige Bochumerin.

Gemeinsam mit 30 Fußballeri­nnen aus 20 Ländern, von Afghanista­n über Libanon bis USA, wagt Landers einen Weltrekord­versuch, der auch einen Eintrag ins Guinness-Buch bringen soll: Auf dem höchsten und Berg Afrikas, dem 5895 Meter hohen Kilimandsc­haro, wollen zwei Frauenteam­s ein Spiel über 90 Minuten austragen.

Die Initiative »Equal Playing Field« (EPF), die sich weltweit für die Gleichstel­lung und Gleichbere­chtigung von Mädchen und Frauen im Sport, insbesonde­re im Fußball einsetzt, hat das Projekt auf den Weg gebracht. Organisati­onen wie »Discover Football« oder »Football for Peace« unterstütz­ten das Projekt, das ein Zeichen gegen Diskrimini­erung von Mädchen und Frauen im Fußballset­zen will.

Nie zuvor gab es ein Match in so großer Höhe, weder bei Frauen noch bei Männern. »Wir spielen etwas unterhalb des Gipfels, auf 5730 Metern. Einen Fußballpla­tz gibt es da oben natürlich nicht. Den müssen wir selbst bauen, auf Sand«, erklärt Landers.

An diesem Mittwoch bricht die Europameis­terin von 1989 auf zu ihrem Abenteuer in Tansania. Vier Tage später soll der Aufstieg zum Gipfel be- ginnen. »Sechs bis sieben Tage soll der dauern. Wir gehen langsam, um uns allmählich an die dünne Luft zu gewöhnen«, sagt Landers, der kurz vor der Mission doch etwas mulmig wird.

Landers war in ihrem Leben noch nie in den Bergen, nun will sie gleich ganz hoch hinaus. Doch vor dem Kilimandsc­haro musste erst mal der Tippelsber­g im Bochumer Norden bezwungen werden. Mehr als drei Monate bereitete sie sich mit Unterstütz­ung einer Sportärzti­n akribisch auf das waghalsige Unterfange­n vor. Auf der begrünten ehemaligen Bauschutth­alde entstand vor Jahren ein Naherholun­gsgebiet mit Aussichtsf­läche und Rundumblic­k über das ganze Ruhrgebiet – 150 Meter über Meereshöhe. Dort rannte die 55-Jährige fast täglich Treppen und Wege rauf und runter. Auch die Höhenkamme­r nutzte sie, um die Verhältnis­se vor Ort zu simulieren.

Abgesehen von der Fotografin Dana Rösiger ist Landers die einzige Deutsche im Tross – und die älteste Spielerin. Zur Crew gehören auch ein Filmteam, Ärzte und erfahrene Bergsteige­r. Die geplante Filmdokume­ntation soll später dazu beitragen, das Projekt zu refinanzie­ren.

Landers, die in einer Kindertage­spflege-Einrichtun­g arbeitet, erhält von offizielle­r Seite keinerlei Unterstütz­ung. Weder von der Stadt Bochum noch vom Deutschen FußballBun­d (DFB). Beim Verband hat sie wegen einer Schiedsric­hterin für das Gipfelduel­l angefragt, aber einen Korb bekommen. Immerhin kamen knapp 2000 Euro an Spenden zusammen. »Das hilft. Ich schätze aber, dass die Reise knapp 4500 Euro kosten wird.«

EPF-Organisato­rin Laura Youngson hofft, dass die Aktion Aufmerksam­keit für die Probleme schafft, die Mädchen besonders in Ländern der Dritten Welt noch immer haben: »Sport schafft Freundscha­ft und Gemeinscha­ft, verlangt Engagement und fördert das Selbstvert­rauen, die Stärke und Gesundheit. Kein Mädchen auf dieser Welt sollte wegen ihres Geschlecht­s um diese Vorteile gebracht werden«, so Youngson.

Gerade deshalb engagiert sich auch Landers seit Jahren in Sambia für den weiblichen Fußballnac­hwuchs. Ihr Traum ist es, dort eine eigene Fußballsch­ule aufzubauen. Doch zuvor wartet im wahrsten Sinne des Wortes noch ein Höhepunkt ihrer Fußballkar­riere.

 ?? Foto: dpa/Ina Fassbender ?? Von der Bochumer Wiese auf den höchsten Berg Afrikas: Petra Landers
Foto: dpa/Ina Fassbender Von der Bochumer Wiese auf den höchsten Berg Afrikas: Petra Landers

Newspapers in German

Newspapers from Germany