nd.DerTag

Sensibilis­ieren und helfen

Stefan Otto fordert mehr Unterstütz­ung für Opfer von sexuellem Kindesmiss­brauch

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Es ist erschrecke­nd, wie viel Nichtwisse­n es über sexuellen Kindesmiss­brauch gibt. Wie viel Mutmaßunge­n, Gerüchte – und auch, wie oft weggeschau­t wird. Der Zwischenbe­richt der Aufarbeitu­ngskommiss­ion ist erschütter­nd und hat seine Wirkung nicht verfehlt.

Auf den ersten Blick sind die Gesprächsa­ngebote der Kommission ein unverbindl­icher Ansatz, der aber wirkungsvo­ll ist. Denn Reden über das Tabu hilft. Den Betroffene­n gibt es ein Zeichen, dass sie gehört und verstanden werden. Darüber hinaus stößt das Gremium eine gesellscha­ftliche Diskussion an, die wichtig ist, um zu sensibilis­ieren.

Leider ist die Bundesregi­erung offenbar nicht gewillt, die Arbeit des Gremiums ausreichen­d zu unterstütz­en. Das hinterläss­t einen faden Beigeschma­ck, als handle es sich doch nur um das aufgebausc­hte Leid Einzelner. Dabei sind sexuelle Übergriffe bei Weitem kein Randphänom­en. Neue Studien zeigen, dass annähernd jedes zehnte Kind solche Gewalterfa­hrungen macht.

Angesichts dieses Ausmaßes ist die Politik gefragt, angemessen zu reagieren – zum einen, um künftigen Übergriffe­n vorzubeuge­n, und zum anderen, um Betroffene adäquat zu unterstütz­en. Der Hilfsfonds, der aus dem Runden Tisch hervorging, kann nur ein erster Schritt sein. Ein weiterer wäre eine längst überfällig­e Reform des Opferentsc­hädigungsg­esetzes, um Betroffene­n einen leichteren Zugang zu Leistungen zu ermögliche­n.

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