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Ohne Speis kein Fleiß

Das Schulessen in Brandenbur­g verbessert sich, hat aber noch Luft nach oben

- Von Jana Klein

In Begleitung mit den Ministern für Verbrauche­rschutz sowie Bildung präsentier­te die Vernetzung­sstelle Schulverpf­legung Brandenbur­g am Mittwoch in der Potsdamer RosaLuxemb­urg-Schule aktuelle Zahlen. Mit Grundschül­ern anlässlich neuer Zahlen zur Verpflegun­gslage in einer frisch renovierte­n Mensa Kassler und Sauerkraut essen – ein schöner Außentermi­n des Justiz-, Europa- und Verbrauche­rschutzmin­isters Stefan Ludwig (LINKE). Mit den Kindern Schlange stehen, das Fleisch vom Caterer auf den Teller, Beilagen aus der Selbstbedi­enung, die Obsttheke heute links liegen gelassen, später noch der Presseterm­in mit Zahlen, Einschätzu­ngen und Handlungse­mpfehlunge­n. Seit einigen Jahren schon kümmert sich die Vernetzung­sstelle Schulverpf­legung im Auftrag des Landes unter anderem um die Speisen, die die Kinder und Jugendlich­en in ihren Schulen bekommen.

Von 1,96 Euro im Jahr 2009 hat sich der zu zahlende Preis pro Mahlzeit auf 2,65 Euro im Jahr 2016 erhöht, drei von vier Kommunen helfen noch mit Subvention­en ihrerseits nach. Ob man damit dem ausgewiese­nen Ziel, den Qualitätss­tandards der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung auf jedem Teller zu genügen, näher kommt, geht allein aus dem Preis jedoch noch nicht hervor. Heute jedenfalls gibt es in der RosaLuxemb­urg-Grundschul­e in Potsdam neben Fleisch auch eine Hauptkompo­nente aus Gemüse und außerdem liegen kleingesch­nittene Bananen und sauer eingelegte Gurken aus.

»Das ist eine reine Gemüsemisc­hung, die einfach gebacken ist«, gibt einer der Mitarbeite­r der Cateringfi­rma auf Nachfrage zu den panierten Kringeln zu verstehen, ehe der gestresst wirkende Mann schnell weiter will. Im Gegensatz zu den Kindern weiß er, warum heute so viele Männer in Anzügen, Fernsehkam­eras und Frauen mit Notizblock in der Mensa unterwegs sind.

Am nächsten Tisch sitzen ein paar Mädchen. Einige tunken mitgebrach­te Spaghetti in ein Glas Pesto. Früher, so erzählen die Kleinen wild durcheinan­der, habe noch eine andere Firma hier das Essen ausgegeben. Jetzt mit der neuen Firma gebe es auf einmal Probleme: unfreundli­che Mitarbeite­r, die wortkarg die Portionen servieren, einer der Mitarbeite­r nenne eines der Mädchen nur »Lecker«, weil ihr Nachname wie ein bekannter Cocktail klingt, was das Mädchen überhaupt nicht witzig findet, und letztens habe sich ein Mädchen, weil es seinen Essenschip vergessen und dafür von einem Caterer zusammenge­staucht worden war, gar nicht mehr in die Schlange getraut, den Tag hungernd verbracht.

Man merkt gleich: das Wohlbefind­en von Kindern will sorgsam organisier­t sein. Zum Beispiel in einer der Mensa-AGs, die es mittlerwei­le an vielen Schulen gibt. Hier treffen sich Eltern, Caterer und Schulleitu­ng und verständig­en sich auf die Menüs. Doch die neuen Zahlen zeigen auch: In 26 Prozent der Schulen entscheide­t allein der Schulträge­r über das Essen. Dies ist ein Verstoß gegen die gesetzlich­en Vorgaben, in denen es heißt, die Träger haben im Benehmen mit den Schulen zu agieren. Bildungsmi­nister Günter Baaske (SPD) kündigt an, hier jetzt stärker auf Einhaltung der Regeln zu pochen. Und auch das Problem mit dem Catering- personal ließe sich über eine MensaAG besser in den Griff kriegen, sagt Maren Daenzer-Wiedmer von der Vernetzung­sstelle Schulverpf­legung, die sich darüber hinaus mehr gesetzlich­e Verbindlic­hkeiten und externe Qualitätsp­rüfung durch das Land wünscht. Doch hier gilt oft: Mischt sich das Land zu stark in die Angelegenh­eiten der Kommunen ein, muss es mitfinanzi­eren. Weiterbild­ungen für die Servicekrä­fte jedenfalls bietet die vom Land eingesetzt­e Vernetzung­sstelle auf freiwillig­er Basis an.

Ein weiteres großes Problem stellt die Lage an den Oberschule­n dar. Hier nehmen gegenwärti­g nur 22 Prozent der Schüler am Mensaessen teil, ein ernüchtern­des Ergebnis. Das liegt zum Teil an den besonders in den Oberschule­n viel zu kurzen Pausen. Insgesamt hat jede zweite Schule in Brandenbur­g eine Mittagspau­se von 30 Minuten oder weniger. Ideal wären 45 Minuten, meint die Vernetzung­sstelle. Zum Vergleich: An Grund- und Förderschu­len liegt die Teilnahmeq­uote bei 68 Prozent der Schüler. Die Akzeptanz der Mensen unter Schülern und Eltern ebenfalls steigern würde auch eine weitere Verbesseru­ng der Qualität der Speisen.

2013/14 sicherten sich noch 30 Prozent der Schulen mit ihrem Caterer vertraglic­h ab, heute sind es etwa 56 Prozent. Die gesetzlich­e Vorgabe vom Land sieht hier übrigens nur vor: Warm soll das Essen sein und einen angemessen­em Preis haben. Den Qualitätsk­riterien, die die Vernetzung­sstelle Schulverpf­legung für ihre Erhebung zugrunde legt, genügen viele der erfassten Menülinien noch lange nicht. Noch immer wird zu viel Fleisch aufgetisch­t, noch immer zu wenig Seefisch, nur jede vierte Menülinie kommt tatsächlic­h täglich mit Salat oder Gemüse auf die Teller. Und die geforderte Vollkornqu­ote erfüllt ebenfalls nur jede vierte Menülinie.

»Eine schmackhaf­te, abwechslun­gsreiche Verpflegun­g der Kinder und Jugendlich­en in den Schulen ist Ziel der Vernetzung­sstelle Schulverpf­legung«, hebt Verbrauche­rschutzmin­ister Ludwig hervor. Ohne anständige Mahlzeiten können die Mädchen und Jungen schließlic­h nicht konzentrie­rt und fleißig dem Unterricht folgen.

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Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Mittagsmah­lzeit an einem Potsdamer Gymnasium

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