Die verflixten 8435 Stimmen
Denkbar knapp verpasste die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen den Einzug ins Parlament. Nun richtet sie sich neu aus
Einen Monat nach der Landtagswahl in NRW traf sich die LINKE zur Auswertung der Wahl. Die Frage, warum die Partei den Einzug in den Landtag verpasste, ist schwer zu beantworten. Doch es gibt Ansätze. 8435 Wählerstimmen waren es, die bei der Landtagswahl am 14. Mai fehlten, um ins Düsseldorfer Parlament einzuziehen. Bei 4,9 Prozent blieb der dunkelroter Balken der LINKEN auf dem Diagramm stehen. Bitterer kann eine Wahlniederlage nicht ausfallen. Nun sucht die Partei nach den Gründen, warum ihr Zuspruch in der Bevölkerung nicht ausreichte.
Zu Beginn des Kleinen Parteitags am Donnerstag, des sogenannten Länderrats, streichelte die Spitzenkandidatin bei der zurückliegenden Landtagswahl, Özlem Alev Demirel, die Seele ihrer Partei: Die LINKE habe die Wahl »nicht verloren«, sondern gehe vielmehr gestärkt aus dem Wahlkampf hervor. In den letzten Monaten seien fast 1000 Menschen in die Partei eingetreten, das mache ihr Mut, das stärke die Basis. Es gebe genug Bundesländer, in denen es schlechter aussehe. Auch für die kommenden fünf Jahre wird für Demirel der weitere Aufbau der Partei ein zentrales Anliegen sein. Die LINKE, da ist man sich beim Länderrat in Soest einig, müsse ihre Strukturen weiterhin verbessern. Die Partei müsse sich insbesondere in der Fläche besser aufstellen. In manchen Landkreisen habe sich gerade mal eine Hand voll Mitglieder im Wahlkampf engagiert. Plakate aufhängen, Flyer verteilen, Infostände durchführen und Veranstaltungen or- ganisieren, das alles hätten dort nur wenige Menschen getan, die teilweise über sich selbst hinausgewachsen seien, so der Tenor.
Ein Problem, das beim Landesrat immer wieder genannt wurde, war im Wahlkampf die Ansprache von prekarisierten Menschen und Arbeitern. Unter Erwerbslosen haben etwa zehn Prozent der Wahlberechtigten die LINKE gewählt, bei Gewerkschaftsmitgliedern waren es sieben Prozent. Zweifellos passable Ergebnisse, aber die rechtspopulistische AfD schnitt in diesen Bevölkerungsgruppen deutlich besser ab. Gerade im besonders von Armut betroffenen nördlichen Ruhrgebiet erreichten die Rechten großen Zuspruch.
Um diesem Problem zu begegnen, wollen sich LINKE-Kreisverbände aus dem Ruhrgebiet künftig stärker mit Stadtteilarbeit beschäftigen. Auftakt dafür soll eine Konferenz im Herbst sein, auf der Parteimitglieder sich von der Österreichischen Kommunistischen Partei und den Sozialisten aus den Niederlanden beraten lassen wollen. Beide Parteien hätten bereits gute Erfahrungen mit Stadtteilarbeit gemacht.
Weiterer Kritikpunkt beim Länderrät war, dass das antirassistische Profil der Partei im Wahlkampf nicht ausreichend zur Geltung gekommen sei. Schließlich sei man die einzige Partei, erklärten Mitglieder, die sich konsequent für die Rechte von Migranten und gegen Abschiebungen einsetze.
Als nächstes will sich die Landespartei dem Bundestagswahlkampf widmen, und sie sieht sich dafür nicht so schlecht vorbereitet. Rückenwind gibt der Partei ausgerechnet die unglücklich ausgegangene Landtagswahl, bei der sie trotz allem ihr Ergebnis stark verbessert hat.
Die Richtung für die kommenden Jahre gab Demirel dann auch vor. Die Landesvorsitzende erinnerte daran, dass die LINKE aus der Bewegung gegen die Agenda 2010 entstanden ist. Dahin müsse sie wieder gehen, die Partei müsse weiterhin Teil der Bewegungen sein. Auf der Straße müsse man den Rückhalt gewinnen, der die LINKE in den nächsten Landtag hieven könne. Die Voraussetzungen dafür stünden nicht schlecht, sagte Demirel. Schließlich beabsichtige die neue schwarz-gelbe Regierung, den Sozialabbau in NRW voranzutreiben. Schwarz-Gelb sei zwar ein starker Gegner, aber auch einer, gegen den breite gesellschaftliche Schichten Vorbehalte haben. Die LINKE müsse diese Chance nutzen, so Demirel.
Demirel erinnerte daran, dass die LINKE aus der Bewegung gegen die Agenda 2010 entstand. Dorthin müsse sie wieder gehen.