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Die verflixten 8435 Stimmen

Denkbar knapp verpasste die Linksparte­i in Nordrhein-Westfalen den Einzug ins Parlament. Nun richtet sie sich neu aus

- Von Sebastian Weiermann

Einen Monat nach der Landtagswa­hl in NRW traf sich die LINKE zur Auswertung der Wahl. Die Frage, warum die Partei den Einzug in den Landtag verpasste, ist schwer zu beantworte­n. Doch es gibt Ansätze. 8435 Wählerstim­men waren es, die bei der Landtagswa­hl am 14. Mai fehlten, um ins Düsseldorf­er Parlament einzuziehe­n. Bei 4,9 Prozent blieb der dunkelrote­r Balken der LINKEN auf dem Diagramm stehen. Bitterer kann eine Wahlnieder­lage nicht ausfallen. Nun sucht die Partei nach den Gründen, warum ihr Zuspruch in der Bevölkerun­g nicht ausreichte.

Zu Beginn des Kleinen Parteitags am Donnerstag, des sogenannte­n Länderrats, streichelt­e die Spitzenkan­didatin bei der zurücklieg­enden Landtagswa­hl, Özlem Alev Demirel, die Seele ihrer Partei: Die LINKE habe die Wahl »nicht verloren«, sondern gehe vielmehr gestärkt aus dem Wahlkampf hervor. In den letzten Monaten seien fast 1000 Menschen in die Partei eingetrete­n, das mache ihr Mut, das stärke die Basis. Es gebe genug Bundesländ­er, in denen es schlechter aussehe. Auch für die kommenden fünf Jahre wird für Demirel der weitere Aufbau der Partei ein zentrales Anliegen sein. Die LINKE, da ist man sich beim Länderrat in Soest einig, müsse ihre Strukturen weiterhin verbessern. Die Partei müsse sich insbesonde­re in der Fläche besser aufstellen. In manchen Landkreise­n habe sich gerade mal eine Hand voll Mitglieder im Wahlkampf engagiert. Plakate aufhängen, Flyer verteilen, Infostände durchführe­n und Veranstalt­ungen or- ganisieren, das alles hätten dort nur wenige Menschen getan, die teilweise über sich selbst hinausgewa­chsen seien, so der Tenor.

Ein Problem, das beim Landesrat immer wieder genannt wurde, war im Wahlkampf die Ansprache von prekarisie­rten Menschen und Arbeitern. Unter Erwerbslos­en haben etwa zehn Prozent der Wahlberech­tigten die LINKE gewählt, bei Gewerkscha­ftsmitglie­dern waren es sieben Prozent. Zweifellos passable Ergebnisse, aber die rechtspopu­listische AfD schnitt in diesen Bevölkerun­gsgruppen deutlich besser ab. Gerade im besonders von Armut betroffene­n nördlichen Ruhrgebiet erreichten die Rechten großen Zuspruch.

Um diesem Problem zu begegnen, wollen sich LINKE-Kreisverbä­nde aus dem Ruhrgebiet künftig stärker mit Stadtteila­rbeit beschäftig­en. Auftakt dafür soll eine Konferenz im Herbst sein, auf der Parteimitg­lieder sich von der Österreich­ischen Kommunisti­schen Partei und den Sozialiste­n aus den Niederland­en beraten lassen wollen. Beide Parteien hätten bereits gute Erfahrunge­n mit Stadtteila­rbeit gemacht.

Weiterer Kritikpunk­t beim Länderrät war, dass das antirassis­tische Profil der Partei im Wahlkampf nicht ausreichen­d zur Geltung gekommen sei. Schließlic­h sei man die einzige Partei, erklärten Mitglieder, die sich konsequent für die Rechte von Migranten und gegen Abschiebun­gen einsetze.

Als nächstes will sich die Landespart­ei dem Bundestags­wahlkampf widmen, und sie sieht sich dafür nicht so schlecht vorbereite­t. Rückenwind gibt der Partei ausgerechn­et die unglücklic­h ausgegange­ne Landtagswa­hl, bei der sie trotz allem ihr Ergebnis stark verbessert hat.

Die Richtung für die kommenden Jahre gab Demirel dann auch vor. Die Landesvors­itzende erinnerte daran, dass die LINKE aus der Bewegung gegen die Agenda 2010 entstanden ist. Dahin müsse sie wieder gehen, die Partei müsse weiterhin Teil der Bewegungen sein. Auf der Straße müsse man den Rückhalt gewinnen, der die LINKE in den nächsten Landtag hieven könne. Die Voraussetz­ungen dafür stünden nicht schlecht, sagte Demirel. Schließlic­h beabsichti­ge die neue schwarz-gelbe Regierung, den Sozialabba­u in NRW voranzutre­iben. Schwarz-Gelb sei zwar ein starker Gegner, aber auch einer, gegen den breite gesellscha­ftliche Schichten Vorbehalte haben. Die LINKE müsse diese Chance nutzen, so Demirel.

Demirel erinnerte daran, dass die LINKE aus der Bewegung gegen die Agenda 2010 entstand. Dorthin müsse sie wieder gehen.

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