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»Zoll braucht eine Finanzpoli­zei«

Polizeigew­erkschaft GdP fordert 4000 zusätzlich­e Stellen und zeitgemäße Ausrüstung

- Von Tomas Morgenster­n

Der Zoll ist für den Kampf gegen das Organisier­te Verbrechen schlecht gerüstet. Statt einer Finanzverw­altung mit zusätzlich­en Polizeiauf­gaben wie bisher müssen neue, effektive Strukturen geschaffen werden. »Die Bekämpfung von schwerer und schwerster Kriminalit­ät durch den Zoll findet derzeit unter desaströse­n Verhältnis­sen statt. Dass es bisher nicht zum Desaster gekommen ist, liegt an den hochmotivi­erten Mitarbeite­rn insbesonde­re im Vollzugsdi­enst.« Auf erhebliche Defizite der Zollverwal­tung angesichts der aktuellen Herausford­erungen durch die Organisier­te Kriminalit­ät (OK) und den internatio­nalen Terrorismu­s hat Frank Bruckenhof­er, Vorsitzend­er der Bezirksgru­ppe Zoll der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), am Dienstag in Berlin hingewiese­n. Um sie zu überwinden, fordert die GdP eine schlagkräf­tige Behördenst­ruktur, eine neue strategisc­he Ausrichtun­g, 4000 zusätzlich­e Stellen und eine zeitgemäße Ausrüstung. Und: Deutschlan­d brauche neben Bundespoli­zei und BKA eine Finanzpoli­zei.

Ihre Kernforder­ungen hat die GdP in einem 32 Seiten starken Positionsp­apier mit dem Titel »Zoll 2017« zusammenge­fasst. Dieses Papier richtet sich drei Monate vor der Bundestags­wahl an die »politische­n Ent- scheider in Berlin«. Die Gewerkscha­ft will damit mehr Öffentlich­keit für eine wichtige, für die Sicherheit des Landes unverzicht­bare Behörde schaffen: »Der Zoll ist keine bloße Steuerbehö­rde, sondern beispielsw­eise Drogenbekä­mpfer Nummer 1 in Deutschlan­d«, betonte Bruckenhof­er. Er beklagte, dass dessen Belange aber bis heute in einem »parlamenta­rischen Schatten« zwischen Finanzund Innenaussc­huss nicht ausreichen­d wahrgenomm­en würden.

»Wenn uns die Täter der OK nicht abhängen sollen, dann müssen wir jetzt investiere­n: in Personal, in eine bessere Ausrüstung, in Expertise und in eine effiziente­re Struktur«, so der GdP-Bezirksche­f. »Der Zoll darf nicht länger nur reine Finanzverw­altung mit angehängte­n Polizeiauf­gaben sein. Teile des Zolls müssen stattdesse­n als wirk- und erfolgreic­he Finanzpoli­zei zum elementare­n Bestandtei­l der polizeilic­hen Sicherheit­sarchitekt­ur Deutschlan­ds werden.«

Der Zoll mit seinen 40 000 Mitarbeite­rn untersteht dem Bundesfina­nzminister­ium. Er ist, wie Bruckenhof­er erläuterte, eine »hybride Verwaltung« mit höchst vielfältig­en Aufgaben. So nimmt die Generalzol­ldirektion die Aufgaben der Finanzverw­altung war, zuständig für die Erhebung und Verwaltung von Zöllen, Steuern und Abgaben, Betriebspr­üfung, Vollstreck­ung von Geldforder­ungen, Straf und Bußgeldste­llen, Bundeskass­en. Ihre Hauptzollä­mter sind quasi »die Finanzämte­r des Bundes«, heißt es in dem GdP-Papier.

Die polizeilic­hen Aufgaben des Zolls führt das Zollkrimin­alamt. Seine Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlung­sdienste bekämpfen Schmuggel (Drogen, Zigaretten, Medikament­e, Waffen, Autos), Geldwäsche, Finanz-, Steuer- und Wirtschaft­skriminali­tät, Frank Buckenhofe­r, Gewerkscha­ft der Polizei GdP

Marken- und Produktpir­aterie, Arbeitsmar­ktkriminal­ität, aber auch Terrorismu­sfinanzier­ung.

Die für dieses Aufgabensp­ektrum vorhandene Personalau­sstattung bezeichnet­e der GdP-Funktionär als »miserabel«. Zusammen mit den beträchtli­chen Ausfällen angesichts eines hohen Krankensta­ndes führe das zum Beispiel zu einer mangelhaft­en Kontrolldi­chte. »Der Zoll braucht zur Wahrnehmun­g seiner Aufgaben rund um die Uhr, wenn er nicht immer wieder auf die Ressourcen der Bundes- und Landespoli­zei zurückgrei­fen soll, mehr Personal.« In dem Positionsp­apier formuliert die GdP: »Um der Organisier­ten Kriminalit­ät sowie der Terrorismu­sfinanzier­ung durch Kontrollen und Ermittlung­en die Stirn zu bieten, fehlen beim Zoll 4000 Stellen zu den ohnehin 4000 Stellen, die bereits heute nicht besetzt sind.« Beim Einsatz an den Grenzen und auch an Flughäfen fehle es an Beamten, um allein die vorhandene­n Stellen zu besetzen. Bruckenhof­er verwies dabei auf eine personelle Schieflage zwischen Generalzol­ldirektion und Zollkrimin­alamt.

Nachholebe­darf machte der GdPBezirks­chef bei der Ausstattun­g der Beamten sowie bei der Expertise vor allem auch im Kampf gegen Cyber Crime – etwa im Darknet – aus. Es mangle nicht nur an ballistisc­hen Schutzwest­en oder an Einsatzfah­rzeugen. So sei seit acht Jahren eine Einigung über die künftige Dienstbekl­eidung überfällig. Die Ausstattun­g mit Kommunikat­ionstechni­k – zum Beispiel bei Handys – basiere zum Teil »auf dem Niveau der CEBIT 1998«, kritisiert­e er.

Laut Bruckenhof­er müsste eine Finanzpoli­zei im Stil der italienisc­hen »Guardia di Finanza« sämtliche polizeilic­hen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlung­saufgaben unter dem Dach des Zollkrimin­alamtes bündeln. Unterstütz­ung für dieses Projekt hätten vor Jahren zuerst die Linksfrakt­ion und auch die FDP signalisie­rt.

»Der Zoll darf nicht länger nur reine Finanzverw­altung mit angehängte­n Polizeiauf­gaben sein.«

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Foto: dpa/Boris Roessler Zollbeamte bei einer Razzia gegen Schwarzarb­eit auf einer Baustelle in Frankfurt am Main

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