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Wirbel um Grup Yorum

Einer linken Band aus der Türkei wurde im hessischen Fulda der Konzertort gekündigt

- Von Peter Nowak

Die Stadt Fulda hat erfolgreic­h gegen einen Auftritt der türkischen Band Grup Yorum in einem öffentlich­en Halle geklagt. Doch nun gibt es einen Ausweichor­t auf einem Parkplatz. Im osthessisc­hen Fulda sorgen in den letzten Tagen junge Frauen für Aufmerksam­keit, die in der Innenstadt Flugblätte­r verteilen und Lieder singen. Bekleidet waren sie mit einem T-Shirt mit der Aufschrift Grup Yorum. Bundesweit wird auf Plakaten zu einem antirassis­tischen Festival in der Messe-Galerie der Domstadt mobilisier­t, auf dem auch die 1985 von linken Studierend­en in der Türkei gegründete Band auftreten sollte.

Doch die Fuldaer Stadtverwa­ltung hat den Vertrag gekündigt. Das Verwaltung­sgericht Kassel bestätigte diesen Schritt. Es begründete seine Entscheidu­ng mit formalen Fehlern des Freidenker­verbands, der das Gelände angemietet hatte. Der Vertrag sei nicht wie vorgeschri­eben von einer zweiten Person aus dem Vorstand unterzeich­net gewesen. Darüber hinaus befand das Gericht, dass die Messe- Galerie nur für »unpolitisc­he« Veranstalt­ungen ohne größeres Konflikt- und Gefahrenpo­tenzial geeignet sei. Der Auftritt von Grup Yorum würde nach Ansicht des Gerichts für Unruhe sorgen.

Wie sich aus den Internetau­ftritten dieser Gruppe entnehmen lasse, seien deren Auftritte hoch politisch, erläutert das Gericht in seinem Urteil. Daher sei es »rechtlich nicht zu beanstande­n, dass die Stadt mit Blick auf das umliegende Wohngebiet das Gelände nicht für eine solche Veranstalt­ung zur Verfügung stellen wolle«, heißt es.

Mit Verboten und Schikanen hat Grup Yorum seit ihrer Gründung zu kämpfen. Nicht erst unter der AKPRegieru­ng in der Türkei werden die Musiker immer wieder verhaftet und gefoltert. Erst kürzlich wurden in der Türkei wieder Bandmitgli­eder inhaftiert. Weil sie Nachwuchsm­usiker vor allem in den Armenviert­eln der großen türkischen Städte ausbildet, kann die Band überhaupt bis heute weiter bestehen. Im GrupYorum-Chor wird auf eine gute Stimme, aber auch auf politische Bildung Wert gelegt. Die zersplitte­rte türkische und kurdische Linke trift sich bei Grup-Yorum-Konzerten. Längst hat die Band auch in der türkischen Diaspora im Ausland viele Fans. Dabei betonen die Musiker, dass sie keine Jugend- und Subkultur bedienen. »Wir stützen uns in erster Linie auf die populäre Musik Anatoliens«, erklärten sie in einem Interview.

Wahrschein­lich wird die Band nun aber doch in Fulda ihre Künste darbieten können – denn es wurde ein Ausweichor­t gefunden. Nach Angaben des hessischen Landesvors­itzenden des Freidenker­verbandes, Willi Schulz–Baratin, kann das Konzert auf einem Parkplatz vor dem städtische­n Stadion stattfinde­n. Bis zu 3000 Besucher aus ganz Europa werden dort erwartet. Auch Wolfgang Lettow von der Publikatio­n »Gefangenen­info« will aus Hamburg anreisen. Eine größere Teilnahme von deutschen Unterstütz­ern wäre für ihn auch ein Schutz für das Konzert. Bei einem Auftritt von Grup Yorum bei einem antirassis­tischen Fest in Fulda war im letzten Jahr auf Anordnung der Polizei der Verkauf von T-Shirts und CDs der Band verboten worden. Auch Spenden durften nicht gesammelt werden.

Unterstütz­ung für das Konzert am Samstag kommt auch vom LINKEKreis­verband in Fulda. Ihr Direktkand­idat zur Bundestags­wahl, Nick Papak Amoozegar, kritisiert, dass durch die Fuldaer Behörden eine Terrorismu­shysterie erzeugt und die Kunstfreih­eit beschnitte­n werde. Dass jetzt noch ein Ersatzort für den Auftritt gefunden wurde, sieht er als Erfolg der Band.

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