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Germany’s Next Top Expansion

Der Discounter Lidl strebt in die USA – Heidi Klum soll als Zugpferd dienen

- Von Hannes Breustedt, Arlington

Mit Lidl bläst nach Aldi der zweite deutsche Discounter zur Attacke auf den US-Lebensmitt­elmarkt. Der Shoppingri­ese aus der SchwarzGru­ppe plant eine rasante Expansion. Kann die Strategie aufgehen? Erzrivale Aldi ist schon dort, nun greift Lidl in den USA an. Mit Starthilfe von Supermodel Heidi Klum, die eine eigene Modekollek­tion exklusiv beim deutschen Discounter anbieten wird, soll der US-Markt erobert werden. Für die schwächeln­den und unter der Konkurrenz durch Onlinehänd­ler wie Amazon ächzenden USShopping-Größen wie Walmart oder Kroger keine gute Nachricht.

Lidls Amerika-Chef Brendan Proctor bereitet seit zwei Jahren die Expansion vor. Er brennt darauf, dass es losgeht: »Wir können es nicht erwarten, unsere ersten US-Geschäfte zu eröffnen.« Am Donnerstag war es soweit: In Virginia sowie in North und South Carolina lud der Discounter zur feierliche­n Einweihung seiner ersten neun US-Filialen. In diesem Sommer sollen in den drei US-Bundesstaa­ten 20 Geschäfte eröffnen. Innerhalb eines Jahres sollen 100 weitere entlang der Ostküste folgen.

Lidl drückt aufs Tempo. Zwar schlug das Unternehme­n bereits 2015 sein Amerika-Hauptquart­ier in Arlington, Virginia, auf, doch eigentlich sollte der Vorstoß in den US-Markt erst 2018 erfolgen. »Dank der effiziente­n Arbeit unseres Teams liegen wir vor dem Zeitplan«, sagt Proctor. Der 42-Jährige, der zuvor Lidls Geschäfte in Österreich und dann in Irland führ- te, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um große Verspreche­n geht.

Mit frischgeba­ckenem Brot, »nachhaltig­en« und frischen Produkten wie Fisch und einer großen Weinauswah­l setzt Proctor auf eine Marktstrat­egie, die man in den USA eher bei gehobenere­n Lebensmitt­elhändlern findet. Doch Lidls zentrales Verkaufsar­gument bleibt natürlich das, womit es der Konzern schaffte, innerhalb von 40 Jahren zu einem der weltgrößte­n Einzelhänd­ler mit über 10 000 Filialen in 27 Ländern zu werden: Tiefstprei­se.

Die zur Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm gehörende Kette setzt auf das Discounter­konzept, einen deutschen Exportschl­ager, mit dem auch Aldi Erfolge feierte. Im Vergleich zur US-Konkurrenz, die häufig enorme Produktaus­wahl auf riesiger Ladenfläch­e bündelt, bietet Lidl ein übersichtl­icheres Sortiment. »Weniger Komplexitä­t« gibt Proctor vor. »Wer braucht 50 Sorten Ketchup? Das können wir vereinfach­en«, sagte der Manager jüngst der »Washington Post«.

Der Siegeszug der Discounter hat den globalen Lebensmitt­elhandel umgekrempe­lt. Früher seien Ketten wie Aldi und Lidl Nischenanb­ieter gewesen, die es zusammen auf 10 bis 20 Prozent Marktantei­l brachten, heißt es in einer Studie der Wirtschaft­sberatung Boston Consulting Group. Heute hätten sie sich jedoch für viele Kunden zu einer Alternativ­e zum klassische­n Supermarkt entwickelt. In vielen Regionen der Welt dürften Discounter bald mehr als die Hälfte des Lebensmitt­elmarktes bestreiten.

Für die US-Branchensc­hwergewich­te, allen voran Marktführe­r Wal- mart mit einem Jahresumsa­tz von 486 Milliarden Dollar, kommt der neue Wettbewerb­er ungelegen. Denn die Geschäfte leiden unter der Konkurrenz aus dem Internet, insbesonde­re unter dem kometenhaf­ten Aufstieg des Onlinehänd­lers Amazon, der zunehmend in den Lebensmitt­elhandel vordringt. Verglichen mit den nagelneuen Filialen von Lidl sehen Walmarts Shopping-Center zudem richtig alt aus.

Allerdings ist nicht jeder überzeugt, dass Lidl das Zeug hat, den USMarkt aufzurolle­n. Die Investment­bank Sanford C. Bernstein verweist auf den scharfen Wettbewerb in den USA, wo es neben Walmart und etlichen Supermarkt­ketten ein riesiges Netz an »Dollar-Stores« gibt, die sich mit Kampfpreis­en unterbiete­n. Deshalb habe Aldi trotz über 40-jähriger USPräsenz bislang nur etwa ein Prozent Marktantei­l erreicht.

Aldi ist seit 1976 in den USA vertreten und kündigte diese Woche an, in den nächsten fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Dollar (4,7 Milliarden Euro) in sein US-Geschäft stecken und das Filialnetz bis Ende 2022 auf rund 2500 Läden auszubauen. Damit würde der Discounter nach eigenen Angaben – gemessen an der Zahl der Geschäfte – zur drittgrößt­en Lebensmitt­elkette in den USA.

Bei Lidl hat man allerdings noch einen Trumpf in der Hinterhand, um die US-Kunden zu locken: Im Laufe des Jahres kommt Heidi Klums Modelinie exklusiv in die Läden. Das könnte sich als cleverer Schachzug erweisen – denn das deutsche Model mit USStaatsbü­rgerschaft zählt in Amerika zu den Superstars.

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