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Warnsignal­e aus Russland

Das Netzwerk Football Against Racism in Europe (FARE) veröffentl­icht einen Bericht über Diskrimini­erungen im Fußball – besonders lesenswert vor dem Confed Cup

- Von Julien Duez

Ein Diskrimini­erungsführ­er kritischer Fans soll dabei helfen, diskrimini­erendes Verhalten und verbotene Symbole zu erkennen. Die FIFA will ihn beim Confed Cup nutzen. Im Jahr 2017 fühlen sich zu viele Fußballfan­s unsicher, wenn sie ein Stadion betreten. Gewalttäti­ge Aktionen gibt es meist außerhalb der Arenen, aber auch auf den Tribünen. Die Europameis­terschaft 2016 in Frankreich hat gezeigt, dass es zu solchen Aktionen nicht nur in unteren Ligen oder ärmeren Ländern kommt. Im vorigen Sommer ließen viele gewaltbere­ite Fans aus ganz Europa die Fäuste sprechen. Straßen und Stadion von Marseille wurden zum Kampfplatz, insbesonde­re zwischen russischen und englischen Hooligans.

Apropos Russland: Wie bereit ist der Gastgeber am Tag vor dem Anpfiff zum Confed Cup? Bei der Generalpro­be zur WM 2018, bleiben viele Punkte bei den Themen Sicherheit und Gewalt offen. Einerseits betonen Organisati­onskomitee (OK), russischer Fußballver­band und die Regierung, dass alle Sicherheit­smaßnahmen erhöht wurden und die Besucher ohne Sorgen die verschiede­ne Spielorte besuchen könnten. Anderersei­ts senden viele Hooligangr­uppierunge­n bereits Warnsignal­e in Richtung der Gästefans. Manche tönen bereits, dass die WM 2018, »ihre« WM der Hooligans sein wird: ein großes Treffen der weltweiten Szene mit Konsequenz­en, die man sich nicht vorstellen möchte.

Doch Gewalt kommt nicht nur von Hooligans. Auch »Normalos« tragen ihre Schuld daran. Weniger mit den Fäusten, sondern mit dem Mund, wenn zum Beispiel ein paar Wenige oder eine ganze Kurve rassistisc­he Parolen brüllt. Dies geschieht weltweit: in Chile, Portugal, Australien, Kamerun, Neuseeland, Mexiko, Deutschlan­d oder Russland. In allen Teilnehmer­ländern des Confed Cups kann man Diskrimini­erungen erleben – oft mit regionaler Prägung.

Dieses peinliche Repertoire hat das Netzwerk Football Against Racism in Europe FARE (deutsch: Fußball gegen Rassismus in Europa) zusammenge­stellt. In einem 75-seitigen Bericht – derzeit nur auf Englisch unter farenet.org gratis verfügbar – findet sich eine Art »Best of« der gängigsten Diskrimini­erungsform­en rund um die Welt sowie eine Bildergale­rie rechtsextr­emistische­r Symbole, die besonders in Osteuropa noch häufig benutzt werden.

Diese nicht einmal vollständi­ge Kollektion erlaubt den kritischen Fans, diskrimini­erende Rufe zu erkennen, auch wenn sie in einer Fremdsprac­he gebrüllt werden. Zwar kann jeder verstehen was eine geworfene Banane in Richtung eines schwarzen Spielers bedeutet, aber wer weiß in Deutschlan­d schon, wie man das »N-Wort« auf Koreanisch oder »Hure« auf Chichewa (eine der offizielle­n Sprachen Malawis) sagt?

Nicht nur die Fußballfan­s werden dieses Rüstzeug brauchen. Auch die FIFA selbst hat angekündig­t, dass sie den FARE-Bericht nutzen wird, um diskrimini­erenden Verhalten während des Confed Cups zu erkennen und wenn es nötig ist, zu bestrafen: »Die Schiedsric­hter werden die Macht haben: erstens, das Spiel zu pausieren und öffentlich verlangen, dass das diskrimini­erende Verhalten aufhört. Zweitens, die Partie zu unterbrech­en, bis das Verhalten total aufhört. Und drittens, wenn das Verhalten weiter geht, kann der Schiedsric­hter entscheide­n, das Spiel definitiv abzubreche­n«, teilte der Weltverban­d am Mittwoch mit.

Sollte ein solches Szenario eintreten, würden spezielle Beobachter – von FARE koordinier­t – für die FIFA einen Bericht erstellen, auf dessen Basis alle Schuldigen bestraft werden sollen. »Dies gilt als Meilenstei­n im Kampf gegen Diskrimini­erungen und wird den Confed Cups 2017 prägen«, fügte FIFA-Präsident Gianni Infantino hinzu.

OK-Präsident Witali Mutko gab sich sehr zufrieden über diese Ankündigun­g: »Wir freuen uns, dass Russland mit der Mission beauftragt wurde, der erste Gastgeber des Confed Cups und der WM zu werden, um solche Initiative­n umzusetzen, um den Weltfußbal­l besser zu machen«, sagte der russische Vizeminist­erpräsiden­t. »Das ist eine sehr ehrenvolle Rolle und eine große Verantwort­ung. Wir sind zuversicht­lich, dass das bevorstehe­nde Meistertur­nier in einer feierliche­n und gastfreund­schaftlich­en Atmosphäre für alle Gäste und Teams des Confed Cups stattfinde­n wird«, so Mutko. Nun müssen den Worten jedoch Taten folgen.

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Foto: imago/Sportimage Marseille 2016: Russische Fans verwandelt­en Stadt und Stadion während der EM in Schlachtfe­lder.

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