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Zensur eines Gutachtens?

Auch eine Kommission kann Streit um Direktorin des Thüringer Landtags nicht beenden

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Ihre Arbeit hat wohl mehrere zehntausen­d Euro gekostet, aber schlichten konnte eine eigens eingesetzt­e Kommission den Streit um die Direktorin des Thüringer Landtags auch nicht. Eher im Gegenteil.

Auch nachdem eine eigens eingesetzt­e Kommission zur Bewertung der Zensurvorw­ürfe gegen Landtagsdi­rektorin Birgit Eberbach-Born ihre Arbeitserg­ebnisse präsentier­t hat, geht der Streit um die leitende Beamtin weiter. Die Vorsitzend­e der LINKEFrakt­ion im Thüringer Landtag, Susanne Hennig-Wellsow, warf den drei Kommission­sjuristen am Mittwoch in Erfurt vor, ein Gefälligke­itsgutacht­en für Landtagspr­äsident Christian Carius (CDU) geschriebe­n zu haben. »Die Kommission konnte nur zu diesem Ergebnis kommen, weil sie genau dafür eingesetzt worden ist«, sagte sie. Unmittelba­r zuvor hatte der Vorsitzend­e der Kommission, Herbert Landau, ein ehemaliger Richter am Bundesverf­as- sungsgeric­ht, erklärt, die Vorwürfe gegen Carius und Eberbach-Born seien haltlos. Auch die beiden anderen Mitglieder der Kommission – der ehemalige Direktor beim Deutschen Bundestag Wolfgang Zeh sowie der ehemalige Thüringer Innenminis­ter Richard Dewes – äußerten sich ähnlich.

Mehrere Abgeordnet­e der rot-rotgrünen Fraktionen hatten EberbachBo­rn vorgeworfe­n, sie habe den Entwurf eines Gutachtens des wissenscha­ftlichen Dienstes des Landtages zensiert. Hennig-Wellsow hatte deshalb sogar ihre Ablösung verlangt. Das fragliche Gutachten war auf Grundlage eines Auftrages der rotrot-grünen Mehrheit im Innenaussc­huss des Parlaments entstanden. Dieser hatte von der Landtagsve­rwaltung verlangt, eine Erwiderung auf die Klage der CDU-Landtagsfr­aktion gegen das – inzwischen für verfassung­swidrig erklärte – Vorschaltg­esetz zur Gebietsref­orm zu erarbeiten. In diesem Gutachten hatte Eberbach-Born einerseits Streichung­en vorgenomme­n. Anderersei­ts soll sie dafür verantwort­lich sein, dass in dem fertigen Gutachten auch die Argumente der CDU auftauchte­n.

Landau erklärte, der Zensur-Vorwurf gegen Eberbach-Born sei schon deshalb abwegig, weil es in einer Behörde wie der Landtagsve­rwaltung keine Zensur geben könne. In einer Behörde unterlägen alle Mitarbeite­r dem Weisungsre­cht ihrer Vorgesetzt­en. Diese Befugnis habe EberbachBo­rn wahrgenomm­en. Es gebe auch keinen Grund anzunehmen, Carius oder Eberbach-Born hätten ihre Neutralitä­tspflichte­n verletzt. Deshalb sei es nach Meinung der Kommission nicht zulässig, einen Untersuchu­ngs- ausschuss des Landtags einzusetze­n, um die Vorwürfe aufzukläre­n.

Anders als Hennig-Wellsow reagierte Carius positiv auf die Arbeit der Kommission. Diese habe juristisch­e Detailfrag­en geklärt, die über die Grenzen Thüringens hinaus bedeutsam seien. SPD-Abgeordnet­er Uwe Höhn, Vizepräsid­ent des Landtags, sagte, er fühle sich in seiner Kritik an Eberbach-Born bestätigt, da die Kommission empfehle, Prozessbev­ollmächtig­e einzusetze­n, wenn Fraktionen sich einen Rechtsstre­it liefern.

Was die Kommission den Steuerzahl­er gekostet hat, wollte ein Sprecher des Landtages nicht genau sagen. Über die Details der Vergütung sei Stillschwe­igen vereinbart worden. Die Honorare der Kommission­sjuristen hätten sich aber »an den Tarifen des öffentlich­en Dienstes orientiert«. Gemessen daran, was Bundesrich­ter, Bundestags­direktoren und Landesmini­ster üblicherwe­ise verdienen, dürften sich die Gesamtkost­en damit auf eine Summe im mittleren bis oberen fünfstelli­gen Bereich belaufen.

Was die Kommission den Steuerzahl­er gekostet hat, wollte ein Sprecher des Landtages nicht genau sagen.

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