nd.DerTag

Schlupfloc­h zur Privatisie­rung

- Lena Tietgen

Zusammen mit dem Bund-Länder-Finanzpakt hat der Bundestag mit einer Grundgeset­zänderung dem Bau von Schulen und Kitas durch eine öffentlich-private Partnersch­aft (ÖPP) Tür und Tor geöffnet. Hierzu wurde das Kooperatio­nsverbot gelockert und den Ländern werden 3,5 Milliarden Euro Finanzhilf­en in Aussicht gestellt.

ÖPP ist kein neues Modell. Schon zwischen 1925 und 1930 wurden etwa in Frankfurt am Main die Kosten für den Stadtumbau sowohl von der Stadt als auch von privaten In- vestoren getragen. gemeingut.org verweist auf die schlechten Erfahrunge­n mit der ÖPP im Schulberei­ch. So seien zwischen 2004 und 2009 in Hessen an die 89 Schulen von den Firmen Hochtief und SKE saniert worden, gleichzeit­ig erhielten diese einen Bewirtscha­ftervertra­g bis 2019. Statt der propagiert­en Einsparung­en werden sich die Kosten aber nun verdoppeln, skizziert die Webseite die Folgen. Der Gewinn der Firmen wird auf mehr als 120 Millionen Euro geschätzt. Für die Kom- munen und Landkreise seien die Folgen dramatisch, da sie die Instandhal­tungs- und Wartungsko­sten kaum mehr aufbringen könnten.

Auf tagesschau.de war nach der Entscheidu­ng zur Grundgeset­zänderung der Diskussion­sbedarf dementspre­chend groß. Viele fragten, ob den Schulen der »Ausverkauf« drohe und ob beispielsw­eise für »Schulparkp­lätze künftig Gebühren« anfielen. Oder, ob »Klassenräu­me nach Schulschlu­ss an Dritte vermietet« würden, weshalb diese dann den Schülern nicht mehr zur Verfügung stünden. Oder auch, ob die Schulmensa an der Qualität des Essen sparen werde, weil sie »künftig gewinnorie­ntiert« arbeiten müsse.

Mittlerwei­le gibt es gegen ÖPP im Bildungsbe­reich die Internet-Petition »Keine Privatisie­rung von Schulen und Autobahnen«, initiiert vom Verein »Gemeingut in BürgerInne­nhand«. Unterzeich­net haben die Petition bereits mehr als 125 000 Personen. Auch der Bundesrech­nungshof kritisiert die Öffnung des öffentlich­en Schulwesen­s für private Investoren. Es fehlten »ausreichen­de Steuerungs- und Kontrollmö­glichkeite­n, die es dem Bund ermögliche­n würden, einen sachgerech­ten und wirtschaft­lichen Mitteleins­atz sicherzust­ellen«.

Viele Verbände begrüßten allerdings die mit der Grundgeset­zänderung verbundene Lockerung des Kooperatio­nsverbots im Grundgeset­z. Dennoch hätten etwa der Deutsche Städtetag und der Städteund Gemeindebu­nd (DStGB) lieber die vollständi­ge Abschaffun­g des Verbots eines Engagement­s des Bundes in der Bildungspo­litik gesehen. So fordert der DStGB, den Zahlungen einen Vorzug zu geben, die direkt vom Bund an die Kommunen gingen, damit »die Bundesmitt­el vollständi­g in den Gemeinden investiert werden«. ( zwd.info) Auch die GEW sieht Nachbesser­ungsbedarf. Neben der fehlenden Aufhebung des Kooperatio­nsverbots bemängelt sie die Höhe der zur Verfügung stehenden Gelder. »Der Sanierungs­stau für Schulgebäu­de beträgt 34 Milliarden Euro, notwendige Schulneuba­uten insbesonde­re in den Großstädte­n sind in dieser Summe noch nicht enthalten«. ( gew.de) Laut ihrem 10-PunkteProg­ramm hält die Bildungsge­werkschaft Investitio­nen von jährlich 3,5 Milliarden Euro für notwendig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany