nd.DerTag

Öffentlich, privat, kommerziel­l

Jürgen Amendt über irreführen­de Begrifflic­hkeiten bei der Debatte um Bildungspr­ivatisieru­ng

-

Wenn man von Privatisie­rung der Bildung spricht, muss man die Begriffe exakt definieren und säuberlich zwischen Kommerzial­isierung und Privatisie­rung unterschei­den. So ist auch eine Privatschu­le in Deutschlan­d faktisch eine öffentlich­e Schule, wenn sie die entspreche­nde Genehmigun­g seitens der Schulverwa­ltung hat und ihr Lehrplan sowie ihre Schulorgan­isation den staatliche­n Vorgaben entspreche­n. Eine Privatschu­le kann, muss aber nicht zwingend, sozial homogen zusammenge­setzt sein, will heißen: nur von Schülern aus akademisch­en und einkommens­starken Familien besucht werden. Und eine staatliche Schule ist nicht automatisc­h sozial nicht selektiv.

Der Beschluss von Bundestag und Bundesrat von Anfang Juni, künftig bei der Sanierung und dem Bau von Schulgebäu­den auch private Geldgeber im Rahmen der sogenannte­n Öffentlich-Privaten Partnersch­aft (ÖPP) zuzulassen, ist wiederum etwas anderes. Hier geht es nicht um die Trägerscha­ft einer Schule, nicht darum, was wie von welchen Lehrern gelehrt und von welchen Schülern gelernt wird, sondern um bauliche Investitio­nen. Das Problem bei der ÖPP ist ja nicht, dass privates Geld in den staatliche­n Sektor fließt, sondern dass sich der Staat (der der Idee nach durch demokratis­ch gewählte Parlamente kontrollie­rt wird), finanziell privaten Investoren ausliefert und diese Profite aus Steuermitt­eln erzielen können.

Genau genommen haben Bund und Länder vor wenigen Wochen nicht der Privatisie­rung des Schulsyste­ms den Weg bereitet, sondern dessen Kommerzial­isierung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany