Falle für fatale Korallenfresser
Australische Wissenschaftler suchen nach Wegen, Dornenkronenseesterne mit ihren eigenen Waffen zu bekämpfen.
Das Große Barrier Riff vor der Küste Australiens gilt als Naturwunder. Ob die bunte Korallenwelt aber auch noch von zukünftigen Generationen bewundert werden kann, ist eine derzeit offene Frage. Der Klimawandel setzt dem 2300 Kilometer langen Riff stark zu. Eine weitere Gefahr sind die gefräßigen und vermehrungsfreudigen Dornenkronenseesterne.
Millionen dieser Stachelhäuter »überfallen« in regelmäßigen Abständen Riffe, vergleichbar mit einer Heuschreckenplage. Der Seestern labt sich an Steinkorallen, indem er auf sie klettert, seinen Magen über sie stülpt und die Nesseltiere gewissermaßen gleich verdaut. Nach einer Dornenkroneninvasion bleiben nur noch die Kalkskelette der Korallenbänke übrig. Ein einzelnes Tier kann innerhalb eines Jahres eine Korallenfläche von 13 Quadratmetern vertilgen. »Sie tun sich an den Korallen gütlich, lassen sie anfällig für Zerstörungen durch schwere Stürme zurück«, sagt Bernard Degnan, Meereswissenschaftler und Molekularbiologe an der Universität von Queensland (Australien).
Dornenkronenseesterne sind schaurig-schöne Tiere. Der oft blaurot gefärbten Acanthaster planci hat 6 bis 23 Arme. Sein Durchmesser kann 40 Zentimeter erreichen. Der Kontakt mit den Giftstacheln auf seinem Körper kann beim Menschen Übelkeit, Lähmungen und starke Schmerzen verursachen.
Degnan und sein Team berichten im Fachjournal »Nature« (DOI: 10.1038/nature22033), was Zigtausende dieser Fressmaschinen über ein bestimmtes Riff herfallen lässt. Die Forscher hatten das Genom der Seesterne sequenziert und fanden die chemischen Botenstoffe, die die Art- Dornenkronenseesterne hinterlassen toten Kalk.
genossen zu Massenansammlungen motivieren. Damit – so Degnan – könne man umweltgerechte Köder herstellen, um die Tiere an bestimmte
Stellen zu locken. Das mache es einfacher, die Tiere zu töten.
Warum aber überhaupt dieser Krieg gegen die Seesterne? Zum ei- nen sind sie überaus fruchtbar. »In einer Laichsaison kann ein einziger weiblicher Seestern bis zu 120 Millionen Nachkommen produzieren«, weiß Degnan. »Aber trotzdem haben sie in Zeiten ohne ein massenhaftes Auftreten nur eine geringe Auswirkung auf das Riff.« Die Dornenkronenseesterne haben wenige natürliche Fressfeinde, darunter den Napoleon-Lippfisch, den Riesen-Kugelfisch, den Orangestreifen-Drückerfisch und eine Scheibenanemonengattung.
Zum anderen sind in den letzten 40 Jahren die Seesterninvasionen häufiger geworden und in immer kürzeren Abständen aufgetreten. Eine Ursache könnten Nitrate und Phosphate aus der Landwirtschaft entlang der Küste von Nordqueensland sein, die durch Regenfälle ins Meer gespült werden. Damit nimmt dort das Phytoplankton zu, das Nah- rungsmittel der Seesternlarven. »Phytoplankton ist gewöhnlich in flachen Riffgewässern nur in geringer Menge vorhanden«, heißt es auf der Webseite des DornenkronenseesternBeobachtungsprogramms des Australian Institute of Marine Science (AIMS). »Aber die Produktion kann rapide zunehmen, wenn durch einen früh einsetzenden Monsun und durch große Wassermengen aufgrund von Zyklonen Dünger und andere Schadstoffe in die Lagune des Großen Barrier Riffs gelangen.« Und: »Die Laborforschung des AIMS hat gezeigt, dass die Überlebensrate der Larven des Dornenkronenseesterns dramatisch ansteigt, wenn Phytoplankton reichlicher vorhanden ist.«
Seesternepidemien am Großen Barrier Riff sind also, wie der Klimawandel, auch eine direkte Folge wirtschaftlicher Aktivitäten von uns Menschen.