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Venezuela kontra Interventi­onisten

OAS beraten über Krise des Karibiksta­ates / USA schickt nur zweite Garnitur zum Treffen in Mexiko

- Von Jürgen Vogt, Buenos Aires

Noch unmittelba­r vor der Generalver­sammlung der OAS in Mexiko konnte Venezuelas Regierung einen ersten Punktsieg erringen. Obwohl die gewalttäti­ge Situation in dem Karibiksta­at Venezuela ein zentrales Thema des Montag beginnende­n zweitägige­n Treffens der Organisati­on Amerikanis­cher Staaten (OAS) im mexikanisc­hen Cancún ist, hat US-Außenminis­ter Rex Tillerson seine ursprüngli­ch geplante Teilnahme kurzfristi­g abgesagt. Stattdesse­n ist mit John Sullivan lediglich die Nummer zwei im US-Außenminis­terium dabei.

Bei einem ausschließ­lich zu diesem Thema stattfinde­nden Außenminis­terInnentr­effen unmittelba­r vor dem offizielle­n Beginn ihrer 47. Vollversam­mlung wollen die 34 Mitgliedst­aaten über eine gemeinsame Position und einen Ausweg aus dem Konflikt beraten. Dieser hat inzwischen über 70 Menschenle­ben gefordert. Noch vergangene Woche hatte US-Vizepräsid­ent Mike Pence von Autoritari­smus in Venezuela gesprochen, der am Zusammenbr­echen sei, und die amerikanis­che Region aufgeforde­rt, auf einen Wandel in Caracas zu drängen.

Doch ob bewusst oder nicht, mit der zweiten Garnitur in Cancún geben die USA ein deutliches Signal, dass die Krise in Venezuela für sie keine oberste Priorität hat. Ohnehin haben die bisher von der USAdminist­ration verfügten Sanktionen einen eher individuel­len Charakter, wie etwa das Einreiseve­rbot für venezolani­sche Funktionär­e und das Einfrieren ihrer Vermögensw­erte in den USA. Würde die US-Regierung Ernst machen und beispielsw­eise ein Importverb­ot für venezolani­sches Schweröl verhängen, wäre die Regierung von Präsident Nicolás Ma- duro wohl in wenigen Tagen finanziell am Ende.

Obwohl Maduro Ende April den Austritt Venezuelas aus der OAS verkündet hat, wird dessen Außenminis­terin Delcy Rodríguez in Cancún dabei sein. Zwar kann Ve- nezuelas Diplomatie nicht verhindern, dass über die Lage im Land diskutiert wird, aber sie hat es bisher noch immer geschafft, dass keine gemeinsame Abschlusse­rklärung zustande kam. Das ist auch diesmal Rodríguez’ Priorität, wenn sie »zur Verteidigu­ng der Souveränit­ät gegen eine Gruppe von Interventi­onisten« aufruft, allen voran die USA, Argentinie­n, Brasilien und Mexiko, aufruft.

Interventi­onisten werden auch aus dem eigenen Land anreisen. Die von der rechten Opposition dominierte Nationalve­rsammlung hat angekündig­t, jedem der 34 VertreterI­nnen der Mitgliedsa­aten ein Dossier zu übergeben, in dem Repression­en durch die Regierung dokumentie­rt und die Ablehnung der verfassung­gebenden Versammlun­g begründet werden, deren Einberufun­g Präsident Maduro nach Auffassung des Parlaments verfassung­swidrig angeordnet hat. Darüber tobt auch im Land selbst der Streit unter juristisch­en Experten.

Das Oberste Gericht in Venezuela lehnte noch am Freitag einen Prozess gegen acht als regierungs­treu geltende Richter ab. Der Vorsitzend­e Richter Maikel Moreno wies Vorwürfe der Generalsta­atsanwälti­n Luisa Ortega als unbegründe­t zurück.

Die USA geben ein deutliches Signal, dass die Krise in Venezuela für sie keine oberste Priorität hat.

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