nd.DerTag

Zweifelhaf­ter Freund in Russland

Grüne betonten Solidaritä­t mit Alexej Nawalny

- Von Aert van Riel

Im Bundestags­wahlkampf hat die Führung der Grünen zwei Hauptgegne­r ausgemacht. Einer ist Horst Seehofer, weil er eine verfassung­swidrige Obergrenze bei der Aufnahme von Asylbewerb­ern fordert. Seit durch die Flüchtling­sabwehr an den europäisch­en Außengrenz­en weniger Schutzsuch­ende die Bundesrepu­blik erreichen, hat sich der CSUChef allerdings länger nicht mehr in diese Richtung geäußert.

Wichtiger könnte also die Auseinande­rsetzung mit der Linksfrakt­ionschefin Sahra Wagenknech­t werden. Die Spitzenkan­didaten der Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, warfen Wagenknech­t beim Programmpa­rteitag am Wochenende in Berlin vor, zu den »Menschenre­chtsverlet­zungen ihrer Freunde in Russland und Venezuela zu schweigen«. Bei der LINKEN hatte vor rund einer Woche ein Antrag zum Wahlprogra­mm keine Mehrheit gefunden, der die russische »Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim« als völkerrech­tswidrig verurteile­n sollte. Dagegen steht eine entspreche­nde Formulieru­ng im Programm der Grünen. Zudem kritisiert die Ökopartei Moskau wegen der Kriegsbete­iligung in Syrien an der Seite von Präsident Baschar al-Assad und wegen des militärisc­hen Konflikts im Osten der Ukraine. Basisgrüne, die ihrer Parteiführ­ung am Wochenende »Russland-Bashing« vorwarfen, waren beim Parteitag in der Minderheit.

Führungspo­litiker der Grünen stilisiert­en einen russischen Opposition­ellen und Gegenspiel­er von Präsident Wladimir Putin zum Helden. In ihrer Rede stellte Göring-Eckardt den Blogger, Politiker und Rechtsanwa­lt Alexej Nawalny, der kürzlich wegen Aufrufs zu einer nicht genehmigte­n Demonstrat­ion in Moskau zu 30 Tagen Arrest verurteilt worden war, auf eine Stufe mit dem in der Türkei inhaftiert­en »Welt«-Journalist­en Deniz Yücel. »Wir treten für ihre Rechte ein«, verkündete Göring-Eckardt. Dass Nawalny vor einigen Jahren die rechtsradi­kale Demonstrat­ion »russischer Marsch« unterstütz­te und derzeit Stimmung gegen »Gastarbeit­er« aus Zentralasi­en macht, erwähnte die Grüne nicht.

Während im Programm der Grünen die aggressive Außenpolit­ik Russlands ebenso wie die der USA kritisiert wird, hofft die Partei auf eine Stärkung der EU. Dabei geht es ausdrückli­ch ums Militär. Die Streitkräf­te der EU-Staaten sollen verstärkt zusammenar­beiten. Auslandsei­nsätzen der Bundeswehr wollen die Grünen nur zustimmen, wenn ein UNMandat hierfür vorliegt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany