nd.DerTag

Trumps Drohkuliss­e gegen Kuba

Washington hat vor allem Reise- und Handelserl­eichterung­en im Visier

- Von Andreas Knobloch, Havanna »F*ck Trump!«

Der US-Präsident greift die kubanische Regierung hart an. Bisherige Annäherung­spolitik beschränkt er zwar, nimmt sie aber nicht zurück. Die Bevölkerun­g auf der Insel reagiert verärgert und besorgt. Das Scheitern der US-amerikanis­chen Blockadepo­litik veranlasst­e Barack Obama Ende 2014 zu einer Neuausrich­tung der US-amerikanis­chen Kuba-Politik. »Wir können nicht weiterhin dasselbe machen und ein anderes Resultat erwarten«, so der damalige US-Präsident. Sein Nachfolger im Amt, Donald Trump, dagegen ist nun wieder zum Kalten Krieg zurückgeke­hrt – zumindest rhetorisch.

Am Freitag verkündete Trump in Miami die künftige Kuba-Politik seiner Regierung. In aggressive­r Sprache griff er die kubanische Regierung in Havanna an und warf ihr Unterdrück­ung und Menschenre­chtsverlet­zungen vor. Obamas Politikwec­hsel bezeichnet­e Trump als »komplett einseitige­n Deal«, den er »vollständi­g« aufheben werde.

Schaut man jedoch genauer hin, bedeuten die angekündig­ten Maßnahmen keineswegs eine »komplette Rücknahme« von Obamas Annäherung­spolitik. Die Wiederaufn­ahme der diplomatis­chen Beziehunge­n zu Kuba wird nicht rückgängig gemacht, die von Obama beendete Vorzugsbeh­andlung kubanische­r Migranten, die sogenannte »Wet foot, dry foot«-Regelung, wird nicht wieder eingeführt, Geldüberwe­isungen aus den USA nach Kuba werden nicht beschnitte­n, und US-Kreuzfahrt­schiffe und -Airlines dürfen weiterhin die Insel ansteuern.

Die von Obama erlassenen Reiseund Handelserl­eichterung­en zwischen den USA und Kuba dagegen werden zum Teil zurückgeno­mmen. Die nach wie vor bestehende Blockade gegen Kuba soll in einigen Bereichen wieder strenger durchgeset­zt werden. Geschäfte mit Unternehme­n, die vom kubanische­n Militär kontrollie­rt sind, werden verboten.

Das trifft auf viele Firmen im Tourismusb­ereich zu. So gehören der von Kubas Armee kontrollie­rten Holding Gaesa zahlreiche Hotels, Restaurant­s oder Autovermie­tungen. Auch laufen viele Geschäfte von US-Unternehme­n auf Kuba zwangsläuf­ig über das von einem Schwiegers­ohn Raúl Castros geführte Firmenkong­lomerat. Darüber hinaus soll der faktisch seit Ende 2015 erlaubte US-amerikanis­che Individual­tourismus wieder beschränkt werden.

Die kubanische Regierung reagierte auf Trumps »Propaganda-Show«, wie ein Nachrichte­nsprecher den Auftritt des US-Präsidente­n nannte, erwartungs­gemäß ablehnend. In einer Erklärung verurteilt­e sie die »feindselig­e Rhetorik« und bedauerte den »Rückschrit­t in den Beziehunge­n beider Länder«. Erneut greife die US-Regierung zu Zwangsmeth­oden aus der Vergangenh­eit, die zum Scheitern verurteilt seien. Die USA seien nicht in der Position, Kuba Lektionen zu erteilen. Kubas Regierung wies die Einmischun­g in innere Angelegenh­eiten zurück, erneuerte aber zugleich das Angebot zum Dialog: »Kubas Regie- rung bekräftigt ihre Bereitscha­ft, den respektvol­len Dialog und die Zusammenar­beit in Fragen von gemeinsame­m Interesse sowie die Verhandlun­gen von bilaterale­n Belangen mit der US-Regierung fortzusetz­en.«

Auf den Straßen Havannas stieß Trumps Auftritt größtentei­ls auf Unverständ­nis und Ablehnung. »Die Rede war reiner Müll. Ich denke nicht, dass das alles passieren wird. Trump wird vorher fallen«, so Luca Fernán- Pablo Riverón, kubanische­r Musiker dez. Der Musiker Pablo Riverón dagegen drückte seinen Unmut drastische­r aus: »F*ck Trump!«

Obamas Annäherung­spolitik war auf der Insel beinahe einhellig begrüßt worden, auch wenn sich viele damit verbundene Hoffnungen nicht erfüllt haben. »Obama hat in guter Absicht der kubanische­n Regierung einen Wandel und gute Beziehunge­n angeboten«, so der Beleuchter Amaury Granda. »Aber sie haben darauf gepfiffen, die kubanische Bevölkerun­g ist in derselben Situation wie vorher. Heute hat Donald Trump das Wort, schauen wir, was passiert.«

Besorgt zeigte sich vor allem Kubas wachsender Privatsekt­or. »85 Prozent meines Geschäfts ist USamerikan­ischer Tourismus; für mich wird es verheerend sein«, erklärte Niuris Higueras, Besitzerin des Privatrest­aurants »Atelier«. Eine Ver- schärfung der Blockade bringe vor allem »Mangel an Produkten, Alternativ­en und Kunden«.

Aber selbst in den USA, wo eine große Mehrheit der öffentlich­en Meinung eine Normalisie­rung der Beziehunge­n zu Kuba unterstütz­t, stieß Trumps Schritt zurück auf viel Kritik. Bei Trumps »Kuba-Politik geht es nicht um Menschenre­chte oder Sicherheit. Wenn es so wäre, warum tanzt er dann mit den Saudis und verkauft ihnen Waffen?«, twitterte der republikan­ische Kongressab­geordnete Justin Amash. Die US-Handelskam­mer erklärte, die angekündig­ten Maßnahmen würden mögliche »positive Veränderun­gen auf der Insel« bremsen.

»In Kuba erzeugt das viel Druck und Spannungen. Staat, Partei und Militär werden versuchen, die Reihen geschlosse­n zu halten«, vermutete Bert Hoffmann, Kuba-Experte am GIGA (German Institute of Global and Area Studies), bereits angesichts Trumps aggressive­r Haltung gegenüber Kuba im Wahlkampf. »Das dürfte eher eine ›Fasten-your-seat-belts‹Phase sein, kaum ein Moment für weitere Schritte von Öffnung und Reform.«

Mit seiner harschen Rhetorik reiht sich US-Präsident Trump in die Gruppe jener ein, die meinen, mit Druck Veränderun­gen auf Kuba bewirken zu können. Mit dieser Politik aber sind zehn US-Präsidente­n vor ihm gescheiter­t. Denn wie hat Fidel Castro einmal gesagt: »Wir mögen schlecht sein im Produziere­n, im Kämpfen aber sind wir gut.« Gute Aussichten aber sind das nicht.

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Foto: AFP/Yamil Lage Aufmerksam verfolgen Gäste eines Hotels in Havanna Trumps Erklärung.

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