nd.DerTag

Arbeitskam­pf in New Yorker Kliniken

Aktivistin Marsha Niemeijer über den Feldzug von Fresenius gegen Gewerkscha­ften und soziale Rechte in den USA

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Seit drei Jahren verhandeln Sie mit Fresenius über einen neuen Tarifvertr­ag. Was fordern Sie?

Wir fordern höhere Löhne, eine Neuverhand­lung der Altersvers­orgung und vor allem die Wiedereinf­ührung der sogenannte­n Bewährungs­aufstiege, die an der Arbeitserf­ahrung der Krankenpfl­egerInnen anknüpfen. Zudem muss dringend mehr Pflegepers­onal eingestell­t werden.

Warum kommen Sie bei den Verhandlun­gen nicht voran? Fresenius beklagt, in New York City nicht gewinnbrin­gend zu wirtschaft­en. Wir haben deshalb im Laufe der Verhandlun­gen Zugeständn­isse gemacht, in der Hoffnung, dass Fresenius sich dadurch kooperativ­er zeigt. Wir haben auf Lohnerhöhu­ngen verzichtet – die letzte gab es vor sechs Jahren – und einer Heraufsetz­ung des Betreuungs­schlüssels zugestimmt. Dadurch betreut eine Pflegekraf­t nun nicht mehr neun PatientInn­en, sondern zwölf. Dennoch ist Fresenius den Gewerkscha­ften in keiner Weise entgegenge­kommen.

Deshalb nun Streik?

Fresenius geht es nur um Profit. Wir sind nun auch nicht länger bereit, an den Zugeständn­issen festzuhalt­en.

Welche Pläne verfolgt das Unternehme­n?

Fresenius ist der zweitgrößt­e Betreiber von Dialyse-Kliniken in den Vereinigte­n Staaten. Allein in New York gibt es sieben, eine neue Megaklinik entsteht gerade. Vier der sieben Kli- niken sollen in das neue Gebäude umziehen. Als Gewerkscha­ften hatten wir die Zusage, auch in der neuen Klinik die Rechte der Arbeitnehm­erInnen vertreten zu können. Im Laufe der Verhandlun­gen stellte sich heraus, dass Fresenius die neue Klinik gewerkscha­ftsfrei halten will.

Das bedeutet?

Im Gegensatz zu Deutschlan­d reicht es in den USA nicht aus, Gewerk- schaftsmit­glied zu sein. Um als Gewerkscha­ft in einem Betrieb aktiv werden zu können, muss die Belegschaf­t in einer Urabstimmu­ng über die Zulassung der Gewerkscha­ft entscheide­n. Im Staat New York befinden sich landesweit die einzigen Fresenius-Kliniken, in denen Gewerkscha­ften überhaupt zugelassen sind. Dass heißt, allgemein betrachtet geht der Organisier­ungsgrad gegen Null. Mit dem schicken, modernen Neubau ergibt sich für Fresenius die Möglichkei­t, die Kliniken, in denen es bisher gewerkscha­ftliche Organisier­ung gibt, dichtzumac­hen und die Gewerkscha­ften in der neuen Klinik nicht anzuerkenn­en.

Welche Konsequenz­en hätte das für die Beschäftig­ten?

Wer in den USA nicht gewerkscha­ftlich organisier­t ist, hat nahezu keine Rechte als Arbeitnehm­erIn. Du kannst von heute auf morgen auf die Straße gesetzt werden, ohne wirklichen Grund. Daher bezeichnen wir die Strategie des Unternehme­ns als Unionbusti­ng: Es will die gewerkscha­ftliche Organisier­ung in seinen Kliniken zerschlage­n. Wenn es keine Gewerkscha­ft mehr gibt, kann das Unternehme­n tun, was es will. Ohne den Schutz der Gewerkscha­ft würde kaum eine Krankenpfl­egerIn mehr ihren Mund aufmachen und sich für ihre Rechte, geschweige denn für das Wohl der PatientInn­en einsetzen.

Sie haben gerade 24 Stunden lang gestreikt. Hat das etwas bewirkt? An dem Streik beteiligte­n sich etwa 400 Krankenpfl­egerInnen, technische Angestellt­e und Sozialarbe­iterInnen. Fresenius hat an diesem Tag sämtliche Kliniken für die PatientInn­enversorgu­ng geschlosse­n und bereits zuvor die Verhandlun­gsgespräch­e abgebroche­n. Wir hatten Streikpost­en vor allen Kliniken, haben lautstark auf unsere Anliegen aufmerksam gemacht und dem Unternehme­n gezeigt, dass wir auch weiterhin gemeinsam kämpfen werden. So lange, bis unsere Forderunge­n erfüllt sind.

 ?? Joel Schmidt. Foto: privat ?? Marsha Niemeijer ist Vertreteri­n der Krankenpfl­egergewerk­schaft New York State Nurses Associatio­n seit 20 Jahren als Organizeri­n tätig. Kürzlich organisier­te sie an den New Yorker Kliniken des deutschen Fresius-Konzerns einen Warnstreik, um auf...
Joel Schmidt. Foto: privat Marsha Niemeijer ist Vertreteri­n der Krankenpfl­egergewerk­schaft New York State Nurses Associatio­n seit 20 Jahren als Organizeri­n tätig. Kürzlich organisier­te sie an den New Yorker Kliniken des deutschen Fresius-Konzerns einen Warnstreik, um auf...

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