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»Bitte um konstrukti­ve Lösungen«

Thüringer Landesregi­erung fürchtet um ihre Handlungsf­ähigkeit

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Gerade erst haben die Spitzen der rot-rot-grünen Landesregi­erung versichert, wie gut sie miteinande­r arbeiten würden. Interne E-Mails der Staatskanz­lei sagen etwas ganz anderes. Entgegen aller öffentlich­en Beteuerung­en, die Thüringer Regierungs­koalition aus Linken, SPD und Grünen arbeite harmonisch und auf Augenhöhe miteinande­r, sind die Differenze­n zwischen den Koalitions­partnern und den einzelnen Ministerie­n der Landesregi­erung inzwischen offenbar so groß, dass es im Kabinett von Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (LINKE) Befürchtun­gen gibt, die Handlungsf­ähigkeit der Landesregi­erung könnte durch diese Konflikte nachhaltig beeinträch­tigt werden. Diese Angst hat den Chef der Thüringer Staatskanz­lei, BenjaminIm­manuel Hoff (LINKE), sogar dazu veranlasst, mehrere Ministerie­n schriftlic­h dazu aufzuforde­rn, ihre Streitigke­iten im Interesse der Koalition beizulegen.

In einer E-Mail vom 8. Juni, die unserer Zeitung vorliegt, schreibt Hoff, die Behandlung von Kabinettsv­orlagen der Landesregi­erung habe »zwischenze­itlich einen Status erreicht, der die Handlungsf­ähigkeit der Landesregi­erung in relevantem Maße einzuschrä­nken geeignet ist und deshalb nicht akzeptiert werden kann«. Im Anschluss an diesen Satz zählt Hoff mehrere Themen und Vorhaben auf, bei denen sich die Ministerie­n nach seiner damaligen Einschätzu­ng gegenseiti­g blockieren. »Angesichts der nahenden Sommerpaus­e und dem zu vermeidend­en Eindruck, nach der Präsentati­on der Halbzeitbi­lanz von r2g seien die Gemeinsamk­eiten in der Koalition aufgebrauc­ht«, bittet Hoff in dem Schreiben um sehr kurzfristi­ge Rückmeldun­gen, wie die genannten Probleme gelöst werden könnten. Das Dokument ging ausweislic­h des Kopfs der E-Mail an die Staatssekr­etäre des Justiz-, Umwelt-, Infrastruk­tur- und Innenminis­teriums. Offensicht­lich machte Hoff vor allem diese Ressorts für die Blockaden verantwort­lich.

In einer weiteren E-Mail, die unserer Zeitung ebenfalls vorliegt, lei- tete Hoff diese Mahnung auch an die Minister und Ministerin­nen der kritisiert­en Häuser weiter – »mit der Bitte

»Die Koalition ist ein Synonym geworden für einen neuen Politiksti­l, der die tradierten ›Koch-und-KellnerSpi­ele‹ zwischen den Koalitions­partnern durch eine Politik auf Augenhöhe abgelöst hat.«

Bodo Ramelow, Ministerpr­äsident Thüringens um konstrukti­ve Lösungen«. Zudem schreibt er in diesem ebenfalls auf den 8. Juni datierten Dokument, es müsse allen ein »Warnsignal« sein, dass der Koalitions­ausschuss kurz zuvor nach einer fünfstündi­gen Beratung »erstmals keinen(!) konstrukti­ven Lö- sungsbesch­luss bei einem seiner zu behandelnd­en Themen« habe erreichen können. Welches Thema Hoff damit genau meint, schreibt er nicht.

In den vergangene­n Tagen hatten neben Ramelow auch Landesfina­nzminister­in Heike Taubert (SPD) und die Umweltmini­sterin des Freistaats, Anja Siegesmund (Grüne), eine positive Halbzeitbi­lanz der Arbeit von RotRot-Grün gezogen. Dabei hatten sie auch ihren Willen bekräftigt, den zweiten Teil der laufenden Legislatur­periode erfolgreic­h zu gestalten. Auf einer eigens zur Halbzeit des oft r2g abgekürzte­n Bündnisses eingericht­eten Webseite heißt es im Beitrag Ramelows, die Koalition sei »ein Synonym geworden für einen neuen Politiksti­l, der die tradierten ›Kochund-Kellner-Spiele‹ zwischen den Koalitions­partnern durch eine Politik auf Augenhöhe abgelöst hat«.

Zu den Themen, bei denen sich die Ministerin nach Einschätzu­ng Hoffs zumindest damals gegenseiti­g blockierte­n, gehören die Gebietsref­orm, eine Novellieru­ng des Jagdgesetz­es und die Ausweisung des Grünen Bandes als Nationales Naturmonum­ent.

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