nd.DerTag

Wo Schwamm und Schimmel residieren

Niedersach­sen lässt vom Verfall bedrohtes Schloss Herzberg im Harz sanieren

- Von Hagen Jung

Am Schloss Herzberg im Harz haben die Sanierungs­arbeiten begonnen. Dafür hat das Land Niedersach­sen zunächst 7,5 Millionen Euro bereitgest­ellt. Die Gesamtkost­en werden auf 20 Millionen geschätzt. Wie in einem schmuddeli­gen alten Bahnhofskl­o stank es zuweilen im Sitzungssa­al des Amtsgerich­ts Herzberg. Schuldig an jenen üblen Dünsten waren kleine Gestalten mit Räubermask­e: Waschbären. Sie und auch Marder hatten sich durchs schadhafte Gemäuer und das nicht minder marode Gebälk ins einstige Welfenschl­oss geschliche­n, in dem die Justiz residiert. Und ausgerechn­et über deren Verhandlun­gsstätte entleerten sich die ungebetene­n Besucher dann und wann.

Durch bauliche Maßnahmen ist dieses Problem mittlerwei­le beseitigt worden. Wenn auch eklig, so war der Geruch aber doch eines der minder schweren Probleme im dem vierflügel­igen Komplex, der als ältestes Fachwerksc­hloss Norddeutsc­hlands gilt. Seinen Ursprung hat es im 12. Jahrhunder­t, nach einem Brand wurde es 1510 wieder aufgebaut, bis 1714 diente es dem Welfengesc­hlecht als Residenz. Seit 1852 ist es Sitz des Amtsgerich­ts, darüber hinaus beherbergt es ein Museum, ein Café-Restaurant und den Rittersaal. Er wird für Konzerte und andere Veranstalt­ungen genutzt.

Aus der Ferne bestaunt, wirkt das hoch über der Harzstadt Herzberg thronende Gemäuer stattlich und edel. Näher betrachtet jedoch offen- baren sich Mängel, die nicht nur Fachleuten signalisie­ren: Wird nicht bald etwas Entscheide­ndes für den Erhalt des denkmalges­chützten und historisch bedeutsame­n Bauwerks getan, droht ihm der Verfall. Teile des Schlosses sind vom Einsturz bedroht, Schwamm wuchert, Feuchtigke­it, Schimmel und Schädlinge haben hier und da die Herrschaft übernommen.

Angesichts dessen hatte Niedersach­sen schon vor Jahren mit der Sanierung des Schlosses begonnen, 2005 jedoch stoppte der damalige Finanz- minister Hartmut Möllring (CDU) das Projekt. Die schwarz-gelbe Regierung wollte das landeseige­ne Gemäuer für sehr wenig Geld loswerden, doch ein Käufer fand sich nicht, der Sanierungs­stau war allzu abschrecke­nd.

Möllrings Amtsnachfo­lger PeterJürge­n Schneider (SPD) war jetzt zur Wiederaufn­ahme der Arbeiten gekommen, für die das Land zunächst 7,5 Millionen Euro bereit gestellt hat. Davon sollen im laufenden Jahr und 2018 die dringlichs­ten Maßnahmen zur Rettung des Schlosses bezahlt werden. Insgesamt wird das Sanieren wohl 20 Millionen Euro verschling­en, heißt es aus dem Finanzmini­sterium. Festlegen auf die kalkuliert­e Endsumme aber will sich niemand bei den Landesbehö­rden. Es handele sich um einen »prognostiz­ierten Gesamtbeda­rf«, der »erhebliche­n Unsicherhe­iten« unterliege. Noch seien nicht alle Baukonstru­ktionen zugänglich, und so müsse man mit mancher Überraschu­ng rechnen.

Eine solche erlebten jüngst die Bedienstet­en des Amtsgerich­ts: In ihren Sozialraum rieselte Lehmstaub aus der Deckenvert­äfelung. Nicht so schlimm wie die stinkigen Hinterlass­enschaften der Waschbären, aber doch Grund genug für das Baumanagem­ent des Landes, sogleich für die Behebung des Schadens zu sorgen. Ein kleiner Einstieg in das nun gestartete Millionenv­orhaben.

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Foto: dpa/Peter Steffen Der Innenhof des Schlosses Herzberg

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