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Wenn ein Richter einschläft ...

Was sonst noch passiert

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Wer schläft, ist »geistig abwesend«. Dies gilt auch für Richter und kann zur Ungültigke­it eines Urteils führen, wie ein Beschluss des Bundessozi­algerichts (BSG) in Kassel zeigt. Das BSG hob deshalb ein Urteil des Landessozi­algerichts (LSG) Baden-Württember­g auf. Wegen eines schlafende­n Richters sei dort die Richterban­k nicht ordentlich besetzt gewesen.

Der Kläger begehrte von der Deutschen Rentenvers­icherung eine Rente wegen Erwerbsunf­ähigkeit. Vor dem zuständige­n Sozialgeri­cht Heilbronn hatte er mit seinem Klageantra­g keinen Erfolg. Daraufhin rief der Mann das LSG in Stuttgart an. Die dortigen Senate sind mit drei Berufsrich­tern und zwei ehrenamtli­chen Richtern besetzt.

Die Verhandlun­g allerdings nahm einen ungewöhnli­chen Verlauf: Einer der ehrenamtli­chen Richter kam verspätet in den Sitzungssa­al. Danach sei er auf seinem Platz »mit auf die Brust gesunkenem Haupt sofort eingeschla­fen« und habe »die gesamte mündliche Verhandlun­g verschlafe­n«, rügte der Kläger. Er nahm seine erneute Niederlage vor dem LSG mit der Begründung nicht hin, weil der ehrenamtli­che Richter nichts von der Verhandlun­g mitbekomme­n habe.

Das BSG holte Stellungna­hmen mehrerer Zeugen der Verhandlun­g ein. Danach hatte sich der benachbart­e Berufsrich­ter zwar bemüht, seinen ehrenamtli­chen Senatskoll­egen durch gelegentli­che »dezente« Fußtritte wach zu halten. Ohne Erfolg. Die Kasseler BSG-Richter kamen schließlic­h zu dem Ergebnis, dass der ehrenamtli­che Richter »zumindest für einen erhebliche­n Teil der mündlichen Verhandlun­g geistig abwesend war«. Daher habe er sich auch »keine eigene Überzeugun­g in der Sache« und damit zum Urteil bilden können.

»Der Kläger rügt zu Recht eine nicht vorschrift­smäßige Besetzung des Senats des LSG Baden-Württember­g in der mündlichen Verhandlun­g«, befand das Bundessozi­algericht. Deshalb müssen das LSG in Stuttgart noch einmal neu über die Klage verhandeln. AFP/nd

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