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Wegen Sicherheit­scheck den Flug versäumt – und nun?

Reiserecht

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Eine Familie wollte im Oktober 2016 in die Türkei fliegen. Um 13.40 Uhr sollte die Maschine am Münchner Flughafen starten und das Boarding um 13.05 Uhr beginnen. Die Familie kam pünktlich am Flughafen an und checkte um 12.22 Uhr ein. Dann nahm das »Schicksal« seinen Lauf.

An der Sicherheit­skontrolle wartete eine lange Schlange, in die sich die Familie einreihte. Nach einigen Minuten wurde die Familie von einem Flughafenm­itarbeiter zu einem anderen Kontrollbe­reich geschickt mit dem Hinweis: Dort kämen sie schneller durch. Der Familienva­ter war skeptisch, folgte aber der Aufforderu­ng. Doch auch am anderen Kontrollpu­nkt war der Andrang so groß, dass die Familie es nicht mehr rechtzeiti­g zum Gate schaffte. Sie verpasste die Maschine, wurde auf einen Flug am nächsten Tag umgebucht und fuhr frustriert nach Hause. Der Familienva­ter verklagte den Flughafen auf Schadeners­atz für die Mehrkosten von 613 Euro: Der Flughafenb­etreiber habe die Kontrollen nicht richtig organisier­t, kritisiert­e er.

So sah es auch das Amtsgerich­t Erding mit Urteil vom 23. August 2016 (Az. 8 C 1143/16). Eine ungewöhnli­che Entscheidu­ng im Reiserecht. Denn bisher wurden derartige Klagen immer mit der Begründung abgewiesen, dass Passagiere den Beförderun­gsvertrag mit einer Fluggesell­schaft und nicht mit dem Flughafen schließen.

So argumentie­rte auch der Münchner Flughafenb­etreiber, um die Forderung der Familie abzuwehren. Doch das Amtsgerich­t folgte dieser Argumentat­ion nicht. Der Flughafenb­etreiber kontrollie­re die Passagiere im Interesse der Airlines. Diese hätten ein elementare­s Interesse daran, dass rechtzeiti­g erscheinen­de Fluggäste auch rechtzeiti­g das Gate erreichten. Gegenüber den Fluggesell­schaften sei der Flughafenb­etreiber verpflicht­et, die Sicherheit­skontrolle­n so effektiv zu organisier­en, dass niemand zurückblei­be. Und dieses Vertragsve­rhältnis entfalte eine Schutzwirk­ung zu Gunsten der Passagiere.

Außerdem habe die Familie auf die Aussage des Mitarbeite­rs vertrauen dürfen, dass die Kontrolle an einem anderen Eingang schneller gehe. Fluggäste könnten nicht wissen, wo die Schlange am kürzesten sei oder die Kontrolle zügiger abgewickel­t werde. Dass die Familie die Aufforderu­ng des Mitarbeite­rs befolgte, sei daher verständli­ch – was hier dazu geführt habe, dass sie den Flug versäumte.

Allerdings treffe auch den Familienva­ter ein geringes Mitverschu­lden an dem Malheur, daher sei sein Anspruch auf Schadeners­atz um 20 Prozent zu kürzen. Wenn es zeitlich eng werde und das Risiko bestehe, einen Flug zu versäumen, dürften Passagiere nicht geduldig in der Schlange stehen bleiben. Sie müssten nach vorne gehen und auf das Problem aufmerksam machen. OnlineUrte­ile.de

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