Gericht kippt Verbot des G20-Protestcamps
Verwaltungsrichter sehen polizeilichen Notstand nicht begründet / Stadt Hamburg kündigt Beschwerde an
Wie das Hamburger Verwaltungsgericht am Mittwoch erklärte, ist das polizeiliche Verbot des von G20-Kritikern geplanten Protestcamps im Stadtpark unzulässig.
Erneute juristische Niederlage für die Stadt Hamburg: Wie das zuständige Verwaltungsgericht am Mittwoch bekannt gab, ist das Verbot des von G20-Kritikern geplanten Protestcamps im Stadtpark auf Grundlage einer polizeilichen Allgemeinverfügung unzulässig.
Damit bestätigte das Gericht seine eigene Entscheidung. Vor zwei Wochen war das zuständige Bezirksamt Hamburg-Nord schon einmal mit dem Versuch gescheitert, das Protestcamp zu verhindern. Zur Begründung hatte die Behörde unter anderem angeführt, die zu erwartenden bis zu 10 000 Campteilnehmer könnten die Wiese zerstören, der Park sei für eine solche Veranstaltung nicht geeignet. Doch das Gericht erklärte, die Zeltstadt sei rechtlich als politische Versammlung zu betrachten. Folglich müssten die Behörden auch versammlungsrechtliche Gründe angeben, um das Camp zu untersagen.
Solch eine Maßnahme gab es ironischerweise bereits: Mit dem Erlass einer Allgemeinverfügung am 1. Juni 2017 sprach die Stadt Hamburg nicht nur ein Demonstrationsverbot für eine Fläche von über 30 Quadratkilometern aus, sondern hatte dadurch einen Hebel zur Hand, um das Protestcamp erneut zu verbieten. Doch einem Widerspruch dagegen gab das Verwaltungsgericht nun statt.
Nach dem Versammlungsgesetz könne die zuständige Behörde zwar ein Versammlungsverbot in Form einer Allgemeinverfügung erlassen, doch für das Verbot – auch von friedlich verlaufenden Versammlungen – werde ein polizeilicher Notstand voraus- gesetzt. Dafür ist es notwendig, dass wegen vorrangiger staatlicher Aufgaben und trotz des Einsatzes des Polizei der Schutz der angemeldeten und nicht angemeldeten Versammlungen nicht möglich wäre. Einen solchen Notstand konnte die Stadt Hamburg allerdings »nicht hinreichend konkret« darlegen. Die Polizei kündigte umgehend Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht an.
Die erfolgreiche Klage gegen das Campverbot ist nicht der einzige juristische Fall, mit dem sich die Hamburger Justiz auseinandersetzen muss. Auch gegen das Demonstrationsverbot in Teilen Hamburgs waren am Dienstagabend drei Eilanträge beim Verwaltungsgericht eingegangen. Die Veranstalter der Gipfelproteste wenden sich ebenfalls gegen die Allgemeinverfügung der Hamburger Polizei.
Laut der Verfügung dürfen in einem Korridor verschiedener Routen zwischen Flughafen und Innenstadt am 7. und 8. Juli keine Demonstrationen stattfinden. »Wer den Gipfel nach Hamburg holt, lädt den Protest mit ein. Der Senat trägt die politische Verantwortung dafür, dass auch an den beiden Gipfeltagen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrgenommen werden kann«, so Christiane Schneider, LINKENAbgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Über die Anträge werden drei verschiedene Kammern beim Verwaltungsgericht entscheiden. Einen Termin dafür gebe es noch nicht, sagte die Sprecherin.
»Wer den Gipfel nach Hamburg holt, lädt den Protest mit ein.« Christiane Schneider, LINKE