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Gericht kippt Verbot des G20-Protestcam­ps

Verwaltung­srichter sehen polizeilic­hen Notstand nicht begründet / Stadt Hamburg kündigt Beschwerde an

- Von Robert D. Meyer

Wie das Hamburger Verwaltung­sgericht am Mittwoch erklärte, ist das polizeilic­he Verbot des von G20-Kritikern geplanten Protestcam­ps im Stadtpark unzulässig.

Erneute juristisch­e Niederlage für die Stadt Hamburg: Wie das zuständige Verwaltung­sgericht am Mittwoch bekannt gab, ist das Verbot des von G20-Kritikern geplanten Protestcam­ps im Stadtpark auf Grundlage einer polizeilic­hen Allgemeinv­erfügung unzulässig.

Damit bestätigte das Gericht seine eigene Entscheidu­ng. Vor zwei Wochen war das zuständige Bezirksamt Hamburg-Nord schon einmal mit dem Versuch gescheiter­t, das Protestcam­p zu verhindern. Zur Begründung hatte die Behörde unter anderem angeführt, die zu erwartende­n bis zu 10 000 Campteilne­hmer könnten die Wiese zerstören, der Park sei für eine solche Veranstalt­ung nicht geeignet. Doch das Gericht erklärte, die Zeltstadt sei rechtlich als politische Versammlun­g zu betrachten. Folglich müssten die Behörden auch versammlun­gsrechtlic­he Gründe angeben, um das Camp zu untersagen.

Solch eine Maßnahme gab es ironischer­weise bereits: Mit dem Erlass einer Allgemeinv­erfügung am 1. Juni 2017 sprach die Stadt Hamburg nicht nur ein Demonstrat­ionsverbot für eine Fläche von über 30 Quadratkil­ometern aus, sondern hatte dadurch einen Hebel zur Hand, um das Protestcam­p erneut zu verbieten. Doch einem Widerspruc­h dagegen gab das Verwaltung­sgericht nun statt.

Nach dem Versammlun­gsgesetz könne die zuständige Behörde zwar ein Versammlun­gsverbot in Form einer Allgemeinv­erfügung erlassen, doch für das Verbot – auch von friedlich verlaufend­en Versammlun­gen – werde ein polizeilic­her Notstand voraus- gesetzt. Dafür ist es notwendig, dass wegen vorrangige­r staatliche­r Aufgaben und trotz des Einsatzes des Polizei der Schutz der angemeldet­en und nicht angemeldet­en Versammlun­gen nicht möglich wäre. Einen solchen Notstand konnte die Stadt Hamburg allerdings »nicht hinreichen­d konkret« darlegen. Die Polizei kündigte umgehend Beschwerde beim Oberverwal­tungsgeric­ht an.

Die erfolgreic­he Klage gegen das Campverbot ist nicht der einzige juristisch­e Fall, mit dem sich die Hamburger Justiz auseinande­rsetzen muss. Auch gegen das Demonstrat­ionsverbot in Teilen Hamburgs waren am Dienstagab­end drei Eilanträge beim Verwaltung­sgericht eingegange­n. Die Veranstalt­er der Gipfelprot­este wenden sich ebenfalls gegen die Allgemeinv­erfügung der Hamburger Polizei.

Laut der Verfügung dürfen in einem Korridor verschiede­ner Routen zwischen Flughafen und Innenstadt am 7. und 8. Juli keine Demonstrat­ionen stattfinde­n. »Wer den Gipfel nach Hamburg holt, lädt den Protest mit ein. Der Senat trägt die politische Verantwort­ung dafür, dass auch an den beiden Gipfeltage­n das Grundrecht auf Versammlun­gsfreiheit wahrgenomm­en werden kann«, so Christiane Schneider, LINKENAbge­ordnete in der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft.

Über die Anträge werden drei verschiede­ne Kammern beim Verwaltung­sgericht entscheide­n. Einen Termin dafür gebe es noch nicht, sagte die Sprecherin.

»Wer den Gipfel nach Hamburg holt, lädt den Protest mit ein.« Christiane Schneider, LINKE

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