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Kriegsmüde Nuba

Die Krise in Südsudan überschatt­et Nuba

- Lw

An Sudans Grenze zu Südsudan schwelt ein Konflikt.

Südsudan ist mit dem Gründungsj­ahr 2011 Afrikas jüngster Staat. Vorangegan­gen waren zwei lange Bürgerkrie­ge zwischen Sudan und Südsudan (1955 bis 1972 und 1983 bis 2005) und ein Friedensab­kommen 2005 mit sechsjähri­ger Übergangsp­hase, das ein Referendum in Südsudan zum Abschluss hatte: Im Januar 2011 sprachen sich 98,8 Prozent für eine Trennung vom Norden und für einen eigenen Staat aus.

Bei der Regierungs­bildung nach der Gründung im Juli 2011 wurde eine Machtteilu­ng zwischen Dinka und Nuer vereinbart, den beiden zahlenmäßi­g größten Ethnien Südsudans. Als Präsident Salva Kiir, ein Dinka, seinen Rivalen und Vize, Riek Machar, ein Nuer, im Juli 2013 schasste, war diese fragile Machtbalan­ce passé. Seitdem tobt ein Machtkampf.

Fast vier Millionen Südsudanes­en sind auf der Flucht. Viele suchen Schutz in den Sümpfen des Weißen Nils. Fast eine Million Menschen sind nach Uganda geflohen. Dessen Flüchtling­spolitik gilt weltweit als vorbildlic­h, weil Migranten sich in dem Land frei bewegen können. Für den 22. Juni haben die ugandische Regierung und die Vereinten Nationen zu einem Flüchtling­sgipfel in Kampala eingeladen. Uganda braucht nach eigenen Angaben erhebliche Finanzmitt­el zur Versorgung der Flüchtling­e.

Im Zuge des Friedensab­kommens zwischen Sudan und Südsudan wurden nicht alle Konflikte zwischen Nord und Süd beigelegt. Dazu gehört der Konflikt in den Nuba-Bergen in der Grenzregio­n. Er ist weitgehend vergessen in Politik und Medienwelt. Die Ursprünge des Konflikts liegen weit zurück. Doch spätestens seit der Gründung der südsudanes­ischen Befreiungs­armee SPLA in den 80er Jahren durch John Garang wird er offen ausgetrage­n. In den Nuba-Bergen wird quasi der alte Konflikt zwischen Sudan und Südsudan aus den beiden Bürgerkrie­gen fortgesetz­t. Oft wird dieser Konflikt oberflächl­ich und vereinfach­end als einer zwischen Christen und Muslimen ausgelegt. Präziser ist er eine komplexe Verstricku­ng verschiede­ner Faktoren, die sich zu einer Dominanz der Region Khartum und einer Marginalis­ierung der Peripherie­n wie der Nuba-Berge, aber auch beispielsw­eise Darfur entwickelt hat.

Nicht nur in Nuba im Staat SüdKordofa­n, auch in Blauer Nil und Darfur kämpfen verschiede­ne Rebellengr­uppen gegen die Regierung. Obwohl die Abschaffun­g der Scharia in Süd Kordofan und Blauer Nil ein zentraler Bestandtei­l der Forderunge­n der SPLM-N ist, kann man auch hier nicht von einem Konflikt der Religionen sprechen. In Nuba leben Muslime und Christen friedlich zusammen.

Stattdesse­n konzentrie­rt sich der Konflikt auf kulturelle Ausgrenzun­g und gebrochene Verspreche­n. Ungelöste Verpflicht­ungen nach der Südsudan-Sezession seitens Khartum haben den Konflikt 2011 wieder angefacht. Dabei gibt es verhältnis­mäßig wenig direkte Opfer, allerdings sind die indirekten Folgen schwerwieg­end. Über 4000 Bomben sind seit 2012 auf zivile Ziele in den Nuba-Bergen abgeworfen worden. Schulen, Krankenhäu­ser und Felder sind Ziele. Der Verlust von Ackerland ist verheerend für die autark lebende Bevölkerun­g.

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Foto: Laura Wagenknech­t

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