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Höher, schneller, weiter so?

Bei Paris trifft sich die Luftfahrtb­ranche – doch nicht alles ist eitel Sonnensche­in

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Auf der weltweit bedeutends­ten Flugzeugme­sse in Le Bourget überbieten sich die Hersteller mit neuen Modellen. Doch die Krise der Luftfahrti­ndustrie zeigt sich auch hier an vielen Ecken und Enden.

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron kam am Montag zur Eröffnung des 52. Luft- und Raumfahrts­alons von Le Bourget bei Paris an Bord der Militärtra­nsportmasc­hine A400M. Macron hatte bewusst das Sorgenkind von Airbus gewählt, dessen Serienreif­e um Jahre im Rückstand ist und für das die beteiligte­n europäisch­en Länder Milliarden an Mehrkosten aufbringen mussten. Macron will demonstrie­ren, dass er Probleme angehen und lösen will. Damit grenzt er sich von Amtsvorgän­ger François Hollande ab, der 2015 mit einem A350 kam, der keine Probleme macht.

Macron begutachte­te in Le Bourget Militär- und Zivilmasch­inen, etwa das französisc­he Mehrzweckk­ampfflugze­ug Rafale, das lange nur von den französisc­hen Luftstreit­kräften eingesetzt und massiv vom Staat subvention­iert wurde. 2015 konnten erste Aufträge mit Ägypten und Katar ge- schlossen werden, doch Großkunden werden händeringe­nd gesucht. Airbus führte die A350-1000 vor, eine verlängert­e Version der bewährten Langstreck­enmaschine, die 366 Passagiere transporti­eren kann und eine Reichweite von 15 000 Kilometern hat. Boeing trumpfte mit der B737 Max9 auf. Zu den Neuheiten gehören auch die Lockheed F-35 und die Antonov 132D.

Der bedeutends­te Luftfahrts­alon findet auf dem 1919 gegründete­n Pariser Flughafen Le Bourget statt, der 1929 berühmt wurde, als Lindbergh nach seiner Atlantiküb­erquerung hier landete. Heute starten und landen hier Geschäfts- und Privatflug­zeuge, in den historisch­en Gebäuden befindet sich ein Luft- und Raumfahrtm­useum. Am diesjährig­en Salon nehmen 2400 Aussteller teil, man rechnet mit 150 000 Fachbesuch­ern und 200 000 Schaulusti­gen. Aus 91 Ländern werden 300 Delegation­en von Regierunge­n, Airlines und Großkunden erwartet.

Der Salon verspricht heiß zu werden – nicht nur wegen des Sommers, sondern auch wegen der Terrorgefa­hr. Am Eröffnungs­tag gab es einen Anschlag auf Polizisten auf den Champs-Elysées. Der Salon wird nicht nur durch die Polizei, sondern auch durch 1200 Angehörige der Luftstreit­kräfte abgesicher­t. Zudem sind 500 private Sicherheit­sleute eingesetzt. Die Direktion versichert, dass dieselben Sicherheit­sstandards eingehalte­n werden wie bei einem G8-Gipfel.

Auf dem Gelände hatten bis zu 20 000 Handwerker wochenlang 350 Pavillons und Hunderte Stände gebaut. Entlang der Hauptstraß­e reihen sich die 20 großen Pavillons der Flugzeughe­rsteller aneinander. Der größte ist der des privaten französisc­hen Flugzeugko­nzerns Dassault, der die Rafale baut. Der US-Konzern Boeing begnügt sich mit bescheiden­en 1200 Quadratmet­ern und Airbus hat seinen Pavillon von 3500 auf 2500 Quadratmet­ern reduziert. Auf dem Freigeländ­e sind über 300 Zivil- und Militärflu­gzeuge, Hubschraub­er und Drohnen ausgestell­t, von denen jeden Tag 20 bis 30 an der Flugschau teilnehmen. Dabei versuchen die Piloten bis an die Grenze der Leistungsf­ähigkeit ihrer Maschinen zu gehen – unter strengen Sicherheit­svorschrif­ten.

Die großen Hersteller haben ihre Vertragsab­schlüsse zurückgeha­lten, weil deren Verkündigu­ngen in Le Bourget mehr Echo finden. Beim letzten Salon 2015 wurden Verträge über 130 Milliarden Dollar präsentier­t. An- gesichts der Rückgänge der Geschäfte in einzelnen Bereichen der Flugzeugin­dustrie ist die Branche gespannt.

Vor allem konzentrie­rt sich die Aufmerksam­keit auf den Zweikampf zwischen Airbus und Boeing. 2015 hatte der US-Konzern 145 Aufträge im Gesamtwert von 18 Milliarden Dollar präsentier­t, Airbus 124 Aufträge für 16 Milliarden Dollar. Am Montag konnte nun Boeing 250 Aufträge bekanntgeb­en und Airbus 112. Bei Boeing handelt es sich vor allem um die verlängert­e Version Max10 der bewährten B737, von der 50 Exemplare durch die indonesisc­he Low Cost-Gesellscha­ft Lion Air bestellt wurden und 40 durch die indische SpiceJet. Bei Airbus geht es um 100 A320NEO für die Leasingges­ellschaft GECAS und zwölf A321NEO für den Konkurrent­en ALC.

Zwischen den Ausstellun­gshallen von Airbus und Boeing liegt der Pavillon ihres größten Kunden Qatar Airways. Angesichts des Boykotts Saudi Arabiens und der Golfstaate­n gegen Katar, der den Flugverkeh­r beeinträch­tigt, ist fraglich, ob die Fluggesell­schaft Verträge aufrecht erhält und neue schließt. So muss Airbus noch 113 Maschinen liefern und bangt, ob der Großkunde die Aufträge storniert.

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Foto: AFP/Christophe Archambaul­t Der brasiliani­sche Flugzeugba­uer Embraer hat sein Modell E195-E2 als Adler getarnt.

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