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Dramatisch­e Mängel an Schulen

Rechnungsh­of fordert vom Senat ein systematis­ches Instandhal­tungsmanag­ement

- Von Tomas Morgenster­n

Berlin ist eine wachsende Stadt mit steigenden Einnahmen und Ausgaben, ihre Verschuldu­ng ist weiter sehr hoch. Zu den gravierend­sten Defiziten in der Infrastruk­tur zählt Sanierungs­stau bei Schulen.

»Der Patient Berlin ist auf dem Wege der Besserung aber noch längst nicht gesund.« Wenn man diese Einschätzu­ng von Rechnungsh­ofpräsiden­tin Marion Claßen-Beblo, die sich auf die wirtschaft­liche Entwicklun­g der Hauptstadt vor dem Hintergrun­d einer weiterhin extrem hohen Verschuldu­ng bezieht, auf den Bildungsbe­reich projiziert, entstünde ein schiefes Bild. Denn um ein Großteil der 627 Berliner Schulen mit ihren fast 1600 Gebäuden steht es schlecht.

Im Jahresberi­cht 2017 des Landesrech­nungshofes, den Claßen-Beblo am Mittwoch im Abgeordnet­enhaus präsentier­te, ist von einem »dramatisch­en Sanierungs­bedarf bei den Schulen« die Rede. Auf mindestens vier Milliarden Euro beziffert das Kontrollgr­emium das Defizit, das sich in den vergangene­n Jahren ungeachtet des für den Zeitraum 2009 bis 2014 unter anderem aufgelegte­n Schulanlag­ensanierun­gsprogramm­s angehäuft hat. Allein den akuten Bedarf bezifferte die Präsidenti­n auf 1,25 Milliarden Euro. Als Gründe für das weitere Anwachsen der Mängel nannte sie unter anderem die gesplittet­e Finanzieru­ng der Instandhal­tungsaufga­ben aus den Bezirkshau­shalten und zahlreiche­n Sonderprog­rammen des Senats sowie das Fehlen eines umfassende­n Gebäudeman­agements.

»Dem zunehmende­n Verfall der Schulinfra­struktur in Berlin muss umgehend wirksam begegnet werden«, forderte Claßen-Beblo. Die Erhöhung der Mittel für die bauliche Unterhal- tung in den Bezirken und die Bereitstel­lung von weiteren rund 830 Millionen Euro in diesem Jahr sowie die Bereitstel­lung von insgesamt 5,5 Milliarden Euro für den Bau und die Sanierung von Schulen in den nächsten zehn Jahren seien wichtige Schritte zur Ertüchtigu­ng der Schulinfra­struktur. Für dringend erforderli­ch halte der Rechnungsh­of die umgehende Einführung eines systematis­chen Instandhal­tungsmanag­ements.

Generell kritisch betrachtet der Rechnungsh­of den Umgang mit der anhaltend hohen Verschuldu­ng Berlin. »Der Schuldenst­and Berlins ist mit fast 60 Milliarden Euro noch immer deutlich zu hoch – auch im Länderverg­leich«, wird in dem Jahresberi­cht konstatier­t. Mit einer Pro-KopfVersch­uldung von 16 800 Euro liege Berlin auf Rang drei im Bund. Die hohen Schulden bescherten Berlin trotz der anhaltende­n Niedrigzin­sphase eine jährliche Zinslast von fast 1,4 Milliarden Euro. Mit der gesetzlich festgelegt­en Mindesttil­gung in Höhe von lediglich 80 Millionen Euro sei das Ziel, den Schuldenst­and bis 2020 auf rund 59,3 Milliarden Euro zu verringern, nicht zu erreichen, er könne so tendenziel­l sogar steigen. Für einen auf längere Sicht »gesunden« Haushalt seien auch Sicht der Finanzaufs­ichtsbehör­de eine stärkere gezielte Investitio­nstätigkei­t, eine kontinuier­liche spürbare Schuldenti­lgung und die Bildung einer Nachhaltig­keitsreser­ve als Vorsorge nötig.

Der Rechnungsh­of forderte den Senat auf, wie andere Bundesländ­er eine Schuldenbr­emse – die Schuldenre­gel des Grundgeset­zes – in die Landesverf­assung aufzunehme­n. Zu Augenmaß riet das Gremium bei der »Übertragun­g staatliche­r Aufgaben und deren Finanzieru­ng auf landeseige­ne Unternehme­n mit eigener Kreditermä­chtigung«, wie etwa bei Schulen und Krankenhäu­sern.

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Foto: dpa/Stefan Schaubitze­r »Zunehmende­r Verfall der Schulinfra­struktur« – Blick in das Treppenhau­s einer Berliner Grundschul­e

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