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Ein Stück Gemünden in San Marino

Deutsche Illustrato­ren gestalten die neuen Euromünzen für das kleine Land

- Von Christiane Gläser, Gemünden

Der Kleinstaat San Marino gibt Ende Juni neue Euromünzen aus. Das Design stammt von einem Illustrato­ren-Paar aus Deutschlan­d, aus Gemünden am Main.

Vera Ludwig setzt den Stift konzentrie­rt auf das durchsicht­ige Blatt Papier. Vorsichtig zieht sie mit schwarzer Tusche erst einen geraden Strich, dann noch einen und noch einen. Auf dem Blatt zeichnen sich nach und nach mehrere Burgtürme ab. Es folgen Zinnen, Fenster, Felsen und zu guter Letzt das Gesicht des heiligen Marinus – dem Nationalhe­iligen von San Marino. Die Illustrato­rin zeichnet damit ein Wahrzeiche­n des italienisc­hen Kleinstaat­s. Das Bild wird von Ende Juni an alle neuen Zwei-Euro-Münzen von San Marino zieren.

Denn Vera Ludwig und ihr Mann Arno durften die neuen Münzen für das von Italien umschlosse­ne Land gestalten. Damit steckt in den neuen Euromünzen aus der kleinen Republik auch ein Stück Deutschlan­d, genauer gesagt ein Stück Gemünden am Main (Bayern).

Dass das Illustrato­renpaar an diesen prestigetr­ächtigen Auftrag gekommen ist, verdankt es einem Zufall. »Über einen Freund haben wir eine Suchanfrag­e bekommen, die San Marino beim Berufsverb­and der Deutschen Kommunikat­ionsdesign­er gestellt hatte. Und dann haben wir uns einfach beworben«, erinnert sich Arno Ludwig. Gefragt wurde nach »jungen, modernen, talentiert­en und erfahrenen deutschen Münzdesign­ern«. »Jung sind wir zwar nicht mehr, aber der Rest passte«, sagt der 56-Jährige und schmunzelt.

Also haben Ludwig und seine Frau ein paar grobe Zeichnunge­n eingereich­t. »Und die waren begeistert.« Zunächst gestaltete das Künstlerpa­ar eine Gedenkmünz­e für San Marino. Wenig später wurden sie schließlic­h für die neuen Euromünzen angefragt, die am 26. Juni ausgegeben werden sollen.

Aber warum hat sich das Land nicht für einen lokalen Designer entschiede­n? »Münzen zu zeichnen, ist eine sehr schwierige und spezialisi­erte Arbeit. Das erfordert eine lange Ausbildung und viel Erfahrung«, sagt Laila Benvenuti vom Amt für Briefmarke­n und Münzen des Finanzamte­s von San Marino. Zwar gebe es in San Marino eine Design-Universitä­t, aber eben keine Kurse für Münzgestal­tung. Und auch in Italien gebe es nur eine Medaillens­chule. »Arno wurde uns von unserem ehemaligen Präsidente­n empfohlen. Und nun ist es eine sehr nette und wertvolle Zusammenar­beit geworden«, betont Benvenuti.

Die Ludwigs illustrier­en seit Jahrzehnte­n Münzen. Vor allem für Sammler. Ob Autos, Orte, Gesichter, Fußballthe­men – »mehr als 20 000 Motive haben wir in den vergangene­n 25 Jahren gemacht«, so Arno Ludwig. Seit es immer weniger Sammler gibt, lassen diese Aufträge aber deutlich nach. Stolz ist Arno Ludwig darauf, dass er in den 90er-Jahren die Juniortüte für die Fastfood-Kette McDonalds gestalten durfte.

Für den aktuellen Auftrag ist er extra nach San Marino gereist. »Ich bin herumgefüh­rt worden, habe überall Fotos für die spätere Motivauswa­hl gemacht. Wobei es da natürlich auf dem kleinen Raum gar nicht so viele Möglichkei­ten gibt«, sagt Ludwig. San Marino ist nur gut 60 Quadratkil­ometer groß. Ludwigs kleiner Heimatort Gemünden in Unterfrank­en ist mit 75 Quadratkil­ometern sogar größer. »San Marinos Architektu­r und die Landschaft sind sehr beeindruck­end und imposant. Die Türme auf der Felskante, die schmalen Gassen – das ist alles schon toll anzusehen.«

Schon früh stand fest, welche Motive den Weg auf die neuen Euromünzen finden werden – der heilige Marinus, die berühmten alten Wehrtürme des Kleinstaat­s, die Fassade der Kirche, das Kloster San Francesco, die Kapuzinerk­irche, das Stadttor und natürlich auch das Wappen der Republik. Und auf allen Münzen finden sich die Initialen von Arno Ludwig.

»Wir haben von Anfang an seinen Stil und die detaillier­ten Zeichnunge­n sehr geschätzt«, heißt es weiter von offizielle­r Seite. Ludwig habe damit das »echte Bild von unserer Republik« auf die Münzen gebracht.

In wenigen Tagen werden nun also fast 1,7 Millionen neue Euromünzen in Umlauf gebracht werden. Arno Ludwig hofft, dass er sie auch bald in die Hände bekommt. »Vielleicht schicken sie mir ja einen Satz zu oder laden mich ein, ihn persönlich abzuholen«, sagt Ludwig. Sein größter Wunsch aber wäre, irgendwann einmal die deutschen Euromünzen gestalten zu dürfen. »Das habe ich auch schon mal bei (Bayerns Finanzmini­ster) Markus Söder angefragt, aber leider nie eine Antwort erhalten.«

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Fotos: dpa/Nicolas Armer Motive für die Euromünzen San Marinos
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Arno und Vera Ludwig in ihrem Heimatort Gemünden am Main

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