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Führertreu­er Patron

Geehrter NS-Flieger riet: Feiglinge ausrotten / Kreistag: Sein Name soll an Kaserne bleiben

- Von Hagen Jung

Ein Propagandi­st des NS-Regimes, der Flieger Helmut Lent, soll Namenspatr­on einer Kaserne in Niedersach­sen bleiben. Diesen Appell richtet der Kreistag von Rotenburg an die Verteidigu­ngsministe­rin. »In leidenscha­ftlicher und fanatische­r Weise« möge die Wehrmacht »bis zum letzten Blutstropf­en kämpfen«. Soll der Fliegeroff­izier Helmut Lent, der 1944 solch einen Appell an seine Kameraden richtete und dem seinerzeit fester Stand zur NS-Weltanscha­uung attestiert wurde, Namensgebe­r einer Bundeswehr­kaserne bleiben? Ja, meint die Mehrheit im Kommunalpa­rlament des niedersäch­sischen Landkreise­s Rotenburg an der Wümme, einer Region zwischen Hamburg und Bremen.

Dort hat der Kreistag am Mittwoch mit den Stimmen von CDU, FDP, AfD und Wählergeme­inschaften den Antrag des LINKEN-Abgeordnet­en Nils Bassen abgeschmet­tert. Er hatte gefordert, der Kreis solle sich um einen neuen Namen für die bei Rotenburg gelegene Lent-Kaserne kümmern. Stattdesse­n wird der Kreis nun Ursula von der Leyen bitten, »von einer Umbenennun­g abzusehen«.

Ob die CDU-Politikeri­n dieser Bitte entspricht, ist fraglich. Hatte sie doch vor einem Monat in Berlin vor Reserviste­n in kritischen Worten zur Traditions­pflege gesagt: »Wir verbannen zu Recht den Wehrmachts­helm aus der Stube; doch am Tor der Kaserne stehen nach wie vor Namen wie Hans-Joachim Marseille oder Helmut Lent.« Beide Namensgebe­r – auch Marseille war ein von den Nazis bejubelter Flieger – seien nicht mehr sinnstifte­nd für die Bundeswehr.

Nachvollzi­ehbare Worte angesichts von Zitaten Helmut Lents. So schrieb er im August 1944 an Kommandeur­e zum Umgang mit Soldaten: »Die wirksamste Belehrung ist selbstvers­tändlich eine Fahrt durch die zerstörten Städte. Die Besatzung, die dann noch nicht weiß, was sie zu tun hat, ist feige und muss ausgerotte­t werden.« Auch sei zu bedenken, so Lent, »dass sich eine Kapitulati­on oder ein unwürdiger Friede mit der deutschen Ehre nicht vereinbare­n lässt«.

Helmut Lent war eine glänzende Nazi-Karriere beschieden: In der Hitlerjuge­nd stieg er zum Fähnleinfü­h- rer auf, konnte bis zu 180 Kinder und Jugendlich­e kommandier­en. Später reüssierte er als Kampfflieg­er, wurde mehrmals von Adolf Hitler persönlich ausgezeich­net, nach dem 100. »Feindabsch­uss« mit einer der höchsten Nazi-Ehrungen: dem Ritterkreu­z

mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten. Nur 27 Männern verlieh der Diktator diesen Orden.

Im Oktober 1944 starb Helmut Lent beim Absturz seiner Maschine. Mit NS-typischem Bombast wurde sein Sarg an »höchster Stelle« aufgebahrt: In Adolf Hitlers Reichskanz­lei in Berlin. Reichsmars­chall Hermann Göring persönlich hielt die Leichenred­e, würdigte den »Kriegsheld­en« als »leidenscha­ftlichen Anhänger unse- rer nationalso­zialistisc­hen Weltanscha­uung«, und ein Generalmaj­or bescheinig­te dem Flieger beim Staatsbegr­äbnis »unübertref­fliche Treue zum Führer«.

Auch 73 Jahre später sind zu Helmut Lent noch Worte zu hören, die doch irgendwie wie ein posthumes Lob anmuten, und das von der Spitze eines bundesdeut­schen Landkreise­s: Nach dessen Mehrheitsv­otum gegen die Umbenennun­g der Kaserne sagte Landrat Hermann Luttmann (CDU) im NDR-Fernsehen: »Helmut Lent ist ein Soldat gewesen, der über herausrage­nde Tugenden verfügte.« Auch habe er erfolgreic­h gekämpft, »wenngleich in einem Krieg, der nicht zu tolerieren war – aber er hat als Soldat seine Pflicht getan«, so Luttmann.

Seine Parteifreu­ndin Ursula von der Leyen hat in der Sache nun das letzte Wort. Ihr Haus, so eine Sprecherin des Verteidigu­ngsministe­riums gegenüber »nd«, habe einen offenen Prozess der Meinungsbi­ldung überall dort angestoßen, »wo Kasernen nach Personen benannt sind, die nicht im Einklang mit dem heutigen Traditions­verständni­s der Bundeswehr stehen könnten«. Das betreffe auch die LentKasern­e in Rotenburg.

»Helmut Lent ist ein Soldat gewesen, der über herausrage­nde Tugenden verfügte.« Hermann Luttmann (CDU), Landrat in Rotenburg an der Wümme

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Foto: dpa/Ingo Wagner

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