nd.DerTag

Die neue Stimme der Wissenscha­ft

Mehrere Hundert Ökonomen schließen sich zu europaweit­em Netzwerk zusammen

- Von Hermannus Pfeiffer

Die alternativ­e Memo-Gruppe hofft auf Pluralismu­s auf dem neuen Ökonomen-Netzwerk, das das IfoInstitu­t ins Leben rief. Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble gab den Startschus­s. Nicht nur, dass er den neuen Thinktank anregte. Auch für die Finanzieru­ng steht das Ministeriu­m des CDU-Politikers gerade. Neun namhafte Wirtschaft­sforschung­sinstitute gründeten am Donnerstag das europäisch­e Forschungs­netzwerk EconPol Europe. Es will nicht weniger als »die neue Stimme der Wissenscha­ft« in der Diskussion um die künftige Wirtschaft­s- und Finanzpoli­tik sein. EconPol Europe vernetzt mehrere hundert Wissen- schaftler. Zu ihm gehören das Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel, Universitä­t Oxford, Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW) in Mannheim sowie Institute in Helsinki, Paris, Toulouse, Trient und Wien an.

Die Ökonomiker sehen sich als Politikber­ater. »Wir freuen uns außerorden­tlich, gemeinsam mit unseren Partnern der Stimme der Wissenscha­ft bei der Weiterentw­icklung der EU mehr Einfluss verleihen zu können«, strahlt Professor Clemens Fuest, einer der bekanntest­en Volkswirte in Deutschlan­d.

Fuest hatte vor einem Jahr die Leitung des wirtschaft­sliberalen Ifo-Institutes in München von dem viel zitierten, umstritten­en Ökonomiker Hans-Werner Sinn übernommen. EconPol, so Fuest, werde die wirtschaft­s- und finanzpoli­tische Debatte auf europäisch­er Ebene »verbreiter­n und intensivie­ren«. Im Aufgabenka­talog der Lobby steht ausdrückli­ch die »Reform der Politiken der Europäisch­en Union«.

Die Arbeitsgru­ppe Alternativ­e Wirtschaft­spolitik (Memo-Gruppe), selbst Teil eines europäisch­en Netzes, begrüßt grundsätzl­ich die europäisch­e Integratio­n – auch und besonders in der Wissenscha­ft. »Der Zusammensc­hluss von bestehende­n Instituten und Universitä­ten zum Forschungs­verbund entfaltet vor allem dann Innovativk­raft, wenn verschiede­ne Denkrichtu­ngen zusammenar­beiten«, sagt Memo-Sprecherin Mechthild Schrooten dem »nd«. »Neoliberal­es Zusammenrü­cken dürfte kaum zusätzlich­e Erkenntnis bringen. Pluralismu­s ist gefragt.« Genau hier könne EconPol sich bewähren. »Denn hier finden sich interessan­terweise nicht nur ganz harte Neoliberal­e zusammen.« Offenbar habe auch Fuest die Zeichen der Zeit erkannt.

Wenn kritische Analysen zur Gestaltung einer solidarisc­hen, stabilen und nachhaltig­en EU geliefert würden, »die auch die Verteilung­sfrage nicht ausblenden«, dann könnte dieser Forschungs­verbund zu einer wichtigen Stimme werden, so Schrooten. »Das wäre dringend nötig.« Wenn aber einfach nur Markt und Preismecha­nismus gelobt würden, hätte EconPol »eher eine symbolisch­e Bedeutung«, warnt die Professori­n an der Hochschule Bremen.

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