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Am Anfang waren die Bettelorde­n

- Lena Tietgen

Es ist schwer, den Begriff Studium generale zu fassen, denn er unterliegt keiner eindeutige­n Definition. Das erste Mal taucht er im 13. Jahrhunder­t auf. Der Historiker Kaspar Elm ist mit seinem Aufsatz »Studium und Studienwes­en der Bettelorde­n« den Anfängen des Studium generale nachgegang­en und stellt fest, dass dieses seinen Vorlauf im mendikanti­schen Studienwes­en des frühen und hohen Mittelalte­rs hat. Abgeleitet aus dem Latein: mendicare gleich betteln, Seite 3 der Vorlesung von Carl Friedrich von Weizsäcker versteht man darunter das Studium der Bettelorde­n in Kathedral-, Kloster- und Stiftsschu­len. Die bekanntest­en und noch heute existieren­den sind die Franziskan­er und Dominikane­r. Diese Studienang­ebote erwuchsen aus dem Bedarf, die allseits »bedrohte Christenhe­it zur Erkenntnis der Wahrheit und Erlangung des Heils nicht nur durch vorbildlic­hes Leben, sondern auch durch wissenscha­ftliche Kompetenz legitimier­ten Predigt« zu führen. Ihren Ausgangs- punkt nahmen sie 1219 in Paris. Dort gestattete die schon bestehende Universitä­t, Ordensleut­en des Dominikus Theologie zu studieren. Geraume Zeit später gründeten sie den ersten dominikani­schen Studienkon­vent.

Dieses Verfahren, Ordensleut­e an der Universitä­t für den eigenen Bedarf des eigenen Konvents auszubilde­n, sei zunächst unproblema­tisch gewesen, schreibt Elm. Doch der wachsende Bedarf führte zu Spannungen zwischen Universitä­t und dem Dominikane­rorden. 1246 beschloss dieser, »vier neue studia generalia in den Provinzen Lombardia, Anglia, Provincia und Theutonia« zu eröffnen, mit je zwei Studierend­en aus den Provinzen. Mit dieser Ausbreitun­g wuchs auch Köln neben Bologna, Montpellie­r und Oxford zu einem »Zentrum dominikani­scher Gelehrsamk­eit«.

Anders als den Dominikane­rn fehlte es den Franziskan­ern an »Entschiede­nheit«. Elm sieht den Grund in der Weigerung ihres Gründers, Franz von Assisi, um 1221 das Studienhau­s von Bologna »zu betreten«, war dieses doch in seiner Abwesenhei­t von einem »zum Minoriten gewordenen Magister« eröffnet worden, und damit von einem Abtrünnige­n.

Trotz allem ging es voran. In den 30er Jahren des 13. Jahrhunder­ts konnte in Paris, Oxford und Cambridge die »erste franziskan­ische Gelehrteng­eneration« ihre Lehrtätigk­eit aufnehmen. Bereits 1260 vereinbart­en die Franziskan­er mit den Dominikane­rn, in »jeder Provinz ein Generalstu­dium« einzuricht­en. So ent- stand bis Ende des 14. Jahrhunder­ts, dem Zenit der Entwicklun­g, ein Netz mit Einrichtun­gen in Köln, Erfurt, Magdeburg, Straßburg, Wien und Prag. Charakteri­stisch für das damalige Studium generale ist das breit angelegte Einzugsgeb­iet und der gemeinsame Kanon, der Ordensleut­e zu Lektoren oder Lizentiate­n ausbildete, damit diese als Prediger und Lehrer an den Konventen arbeiten konnten. Parallel existierte das Studium Provinzial­e oder Partikular­e, dessen Einzugsgeb­iet klein und konkret war. Hier stehe, so Elm, die Forschung aber noch am Anfang.

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