nd.DerTag

Fehlende Debatten

Aert van Riel über den Parteitag der SPD

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Die SPD wirkt derzeit nicht wie eine Partei, die daran glaubt, dass ihr im Wahlkampf noch eine große Aufholjagd gelingen könnte. Kanzlerkan­didat Martin Schulz scheint jedenfalls keine zündenden Ideen zu haben. Beim Dortmunder Bundespart­eitag hat er lediglich das Wahlprogra­mm seiner SPD referiert. Die darin aufgestell­ten Forderunge­n sind zu zurückhalt­end, um den Anspruch von Schulz, für mehr Gerechtigk­eit zu sorgen, erfüllen zu können. Im Zentrum stehen finanziell­e Entlastung­en, die hauptsächl­ich Menschen zugutekomm­en sollen, deren Gehalt ohnehin nicht gerade gering ist.

Fraglich ist zudem, ob das Programm den Willen der SPDBasis widerspieg­elt. Denn diese wurde von ihrer Führung nur unzureiche­nd in den Programmpr­ozess eingebunde­n. Während sich andere Parteien mehrere Tage Zeit nehmen, um mit den Delegierte­n über ihre Vorhaben zu beraten, waren bei den Sozialdemo­kraten hierfür nur wenige Stunden vorgesehen. Die wichtigste­n Fragen klären die Führungsgr­emien hinter verschloss­enen Türen. Offensicht­lich ist in der SPD die Angst groß, dass man als zerstritte­ner Haufen gilt, wenn man öffentlich und ausführlic­h über politische Inhalte diskutiert. Doch diese Sorge ist unbegründe­t. Den Sozialdemo­kraten würde es vielmehr guttun, wenn sie eine demokratis­chere Debattenku­ltur pflegen würden. Ansonsten müssen sie damit rechnen, dass viele Neumitglie­der die Partei schon nach kurzer Zeit wieder verlassen werden.

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