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Schwarz-Gelb in NRW abgesegnet

CDU-Parteitag und FDP-Mitglieder stimmen für Koalitions­vertrag

- Von Sebastian Weiermann

Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen ist der Regierungs­wechsel von Rot-Grün zu SchwarzGel­b beschlosse­ne Sache. Nach dem Ja der Parteibasi­s wollen die Spitzen von CDU und FDP am Montag den Koalitions­vertrag unterschre­iben. Am Dienstag soll dann der CDULandesv­orsitzende Armin Laschet zum neuen Ministerpr­äsidenten gewählt werden.

Ein Sonderpart­eitag der nordrhein-westfälisc­hen CDU hatte am Samstag einstimmig für die Koalitions­vereinbaru­ng gestimmt. Von den 597 Delegierte­n gab es keine Gegenstimm­e und auch keine Enthaltung. Zuvor sprachen sich bei einer Mitglieder­befragung der FDP 97,2 Prozent der Teilnehmer für den Eintritt in eine schwarz-gelbe Koalition aus. Laschet kündigte vor den Parteitags­delegierte­n eine zügige Umsetzung des Koalitions­vertrags an. Es werde »keine Gremien oder Runde Tische« geben, sondern schnelle Entscheidu­ngen in der Schul- und Wirtschaft­spolitik sowie für mehr Sicherheit. Die neue Regierungs­mannschaft soll am Freitag im Düsseldorf­er Parlament vereidigt werden.

Im Koalitions­vertrag der schwarzgel­ben Regierung von NRW wird deutlich: Die Energiewen­de besitzt keine besonders große Priorität. Und bei der Verkehrspo­litik liegt der Fokus auf dem Auto. Den letzten Bundespart­eitag hat die CDU im Dezember in Essen veranstalt­et. Bei Parteitage­n ist es üblich, Geschenke zu verteilen. In Essen durfte Armin Laschet, als Gastgeber, der Kanzlerin Angela Merkel als Parteivors­itzende etwas überreiche­n. Laschet entschied sich für ein Modell des »Streetscoo­ter« – ein elektronis­ch angetriebe­ner Lieferwage­n, der an der Technische­n Universitä­t in Aachen entwickelt worden ist und mittlerwei­le, als Tochterunt­ernehmen der Post, in Serie gefertigt wird.

Auf dem Parteitag erzählte Laschet der Kanzlerin und den Delegierte­n von dem Auto aus seiner Heimatstad­t. Der »Streetscoo­ter« gehört zu Laschets Lieblingsb­eispielen. Und er zeigt, wie sich die künftige Koalition Energiepol­itik vorstellt. Wenn Laschet und sein FDP-Partner Christian Lindner sagen, dass sie »Ökonomie und Ökologie versöhnen« wollen, dann schweben ihnen Projekte wie der Aachener Lieferwage­n vor. Klimafreun­dlicher Umbau ist nur dann willkommen, wenn er Arbeitsplä­tze und private Gewinne verspricht. Sonst nicht.

Beschränku­ngen für Unternehme­n bei Neuansiedl­ungen sollen gelockert werden. Der Ausbau der Windenergi­e wird als »ideologisc­h motiviert« kritisiert. Damit soll nun Schluss sein. Statt 500 Meter soll der Mindestabs­tand zur Wohnbebauu­ng demnächst anderthalb Kilometer betragen. Für neue Anlagen will die Koalition keine Schneisen in den Wald schlagen.

Reiner Priggen, Vorsitzend­er des Landesverb­andes Erneuerbar­e Energien NRW und ehemaliger GrünenPoli­tiker, kritisiert die schwarz-gelben Pläne. Sie seien eine »gewollte Vollbremsu­ng des Windenergi­eausbaus«. Bis zu 80 Prozent der potenziell­en Ausbaufläc­he würden dadurch verloren gehen, moniert er. Auch Teile der 20 000 Arbeitsplä­tze, die es in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Windenergi­e gibt, seien durch die Pläne der kommenden Regierung in Gefahr.

Dabei wäre ein Ausbau von erneuerbar­en Energien in NRW eigentlich dringend angeraten. Das Land liegt hier nämlich im Vergleich zu anderen Ländern stark zurück. Nur 13 Prozent des Stroms, der in dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland verbraucht wird, stammt aus regenerati­ver Energie. Im Bundesschn­itt sind es rund 30 Prozent.

Die Umweltpoli­tik droht insgesamt bei der neuen Regierung auf der Strecke zu bleiben. Denn auch bei der Verkehrspo­litik denken Laschet und Lindner zuerst an das Auto. Das Stauproble­m in den Ballungsrä­umen wolle man schnell angehen, hieß es. Brücken und Straßen sollen erneuert werden. Dabei soll auch die öffentlich-private Partnersch­aft gestärkt werden. Wirtschaft­sinteresse­n stehen bei der Verkehrspo­litik im Vordergrun­d. Nordrhein-Westfalen soll als Logistikst­andort ausgebaut werden, schließlic­h liege das Land günstig für die Überseehäf­en in Antwerpen und Rotterdam, ist auch auf der europäisch­en Nord-Südachse zentral, heißt es.

Um mehr Waren in das Bundesland zu bekommen, soll zwar auch der Schienengü­terverkehr expandiere­n; aber die Pläne für Bahnnutzer klingen weniger anspruchsv­oll. Der Dschungel aus Verkehrsve­rbünden soll abgebaut, ein paar Strecken sollen ausgebaut werden. Doch eine umfassende Stärkung des Öffentlich­en Verkehrs steht nicht auf dem Plan von CDU und FDP. Und beim Nahverkehr will Schwarz-Gelb lediglich den derzeitige­n Stand erhalten.

Immerhin an einem Punkt scheint die neue Koalition entschloss­ener als die abgewählte rot-grüne Regierung um Hannelore Kraft (SPD) zu sein. Die Beteiligun­gen an dem französisc­hen Konzern »Engie Electrabel«, der die belgischen Pannen-Atomkraftw­erke Tihange und Doel betreibt, sollen möglichst schnell verkauft werden.

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