Schwarz-Gelb in NRW abgesegnet
CDU-Parteitag und FDP-Mitglieder stimmen für Koalitionsvertrag
Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen ist der Regierungswechsel von Rot-Grün zu SchwarzGelb beschlossene Sache. Nach dem Ja der Parteibasis wollen die Spitzen von CDU und FDP am Montag den Koalitionsvertrag unterschreiben. Am Dienstag soll dann der CDULandesvorsitzende Armin Laschet zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden.
Ein Sonderparteitag der nordrhein-westfälischen CDU hatte am Samstag einstimmig für die Koalitionsvereinbarung gestimmt. Von den 597 Delegierten gab es keine Gegenstimme und auch keine Enthaltung. Zuvor sprachen sich bei einer Mitgliederbefragung der FDP 97,2 Prozent der Teilnehmer für den Eintritt in eine schwarz-gelbe Koalition aus. Laschet kündigte vor den Parteitagsdelegierten eine zügige Umsetzung des Koalitionsvertrags an. Es werde »keine Gremien oder Runde Tische« geben, sondern schnelle Entscheidungen in der Schul- und Wirtschaftspolitik sowie für mehr Sicherheit. Die neue Regierungsmannschaft soll am Freitag im Düsseldorfer Parlament vereidigt werden.
Im Koalitionsvertrag der schwarzgelben Regierung von NRW wird deutlich: Die Energiewende besitzt keine besonders große Priorität. Und bei der Verkehrspolitik liegt der Fokus auf dem Auto. Den letzten Bundesparteitag hat die CDU im Dezember in Essen veranstaltet. Bei Parteitagen ist es üblich, Geschenke zu verteilen. In Essen durfte Armin Laschet, als Gastgeber, der Kanzlerin Angela Merkel als Parteivorsitzende etwas überreichen. Laschet entschied sich für ein Modell des »Streetscooter« – ein elektronisch angetriebener Lieferwagen, der an der Technischen Universität in Aachen entwickelt worden ist und mittlerweile, als Tochterunternehmen der Post, in Serie gefertigt wird.
Auf dem Parteitag erzählte Laschet der Kanzlerin und den Delegierten von dem Auto aus seiner Heimatstadt. Der »Streetscooter« gehört zu Laschets Lieblingsbeispielen. Und er zeigt, wie sich die künftige Koalition Energiepolitik vorstellt. Wenn Laschet und sein FDP-Partner Christian Lindner sagen, dass sie »Ökonomie und Ökologie versöhnen« wollen, dann schweben ihnen Projekte wie der Aachener Lieferwagen vor. Klimafreundlicher Umbau ist nur dann willkommen, wenn er Arbeitsplätze und private Gewinne verspricht. Sonst nicht.
Beschränkungen für Unternehmen bei Neuansiedlungen sollen gelockert werden. Der Ausbau der Windenergie wird als »ideologisch motiviert« kritisiert. Damit soll nun Schluss sein. Statt 500 Meter soll der Mindestabstand zur Wohnbebauung demnächst anderthalb Kilometer betragen. Für neue Anlagen will die Koalition keine Schneisen in den Wald schlagen.
Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW und ehemaliger GrünenPolitiker, kritisiert die schwarz-gelben Pläne. Sie seien eine »gewollte Vollbremsung des Windenergieausbaus«. Bis zu 80 Prozent der potenziellen Ausbaufläche würden dadurch verloren gehen, moniert er. Auch Teile der 20 000 Arbeitsplätze, die es in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Windenergie gibt, seien durch die Pläne der kommenden Regierung in Gefahr.
Dabei wäre ein Ausbau von erneuerbaren Energien in NRW eigentlich dringend angeraten. Das Land liegt hier nämlich im Vergleich zu anderen Ländern stark zurück. Nur 13 Prozent des Stroms, der in dem bevölkerungsreichsten Bundesland verbraucht wird, stammt aus regenerativer Energie. Im Bundesschnitt sind es rund 30 Prozent.
Die Umweltpolitik droht insgesamt bei der neuen Regierung auf der Strecke zu bleiben. Denn auch bei der Verkehrspolitik denken Laschet und Lindner zuerst an das Auto. Das Stauproblem in den Ballungsräumen wolle man schnell angehen, hieß es. Brücken und Straßen sollen erneuert werden. Dabei soll auch die öffentlich-private Partnerschaft gestärkt werden. Wirtschaftsinteressen stehen bei der Verkehrspolitik im Vordergrund. Nordrhein-Westfalen soll als Logistikstandort ausgebaut werden, schließlich liege das Land günstig für die Überseehäfen in Antwerpen und Rotterdam, ist auch auf der europäischen Nord-Südachse zentral, heißt es.
Um mehr Waren in das Bundesland zu bekommen, soll zwar auch der Schienengüterverkehr expandieren; aber die Pläne für Bahnnutzer klingen weniger anspruchsvoll. Der Dschungel aus Verkehrsverbünden soll abgebaut, ein paar Strecken sollen ausgebaut werden. Doch eine umfassende Stärkung des Öffentlichen Verkehrs steht nicht auf dem Plan von CDU und FDP. Und beim Nahverkehr will Schwarz-Gelb lediglich den derzeitigen Stand erhalten.
Immerhin an einem Punkt scheint die neue Koalition entschlossener als die abgewählte rot-grüne Regierung um Hannelore Kraft (SPD) zu sein. Die Beteiligungen an dem französischen Konzern »Engie Electrabel«, der die belgischen Pannen-Atomkraftwerke Tihange und Doel betreibt, sollen möglichst schnell verkauft werden.