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Riad verlangt die Unterwerfu­ng

Zehn-Tage-Ultimatum Saudi-Arabiens mit 13 Forderunge­n an das Emirat Katar

- Von Oliver Eberhardt, Nikosia

13 Forderunge­n soll Katar erfüllen, damit die Allianz um Saudi-Arabien ihre Blockade des Emirats beendet. Doch die Regierung in Doha will nicht nachgeben: Notfalls werde man Jahre durchhalte­n. »Wenigstens wissen wir jetzt, wo wir stehen«, sagt der kuwaitisch­e Außenminis­ter Sabah al-Khalid al-Sabah, nachdem er am Freitag die Liste mit den Forderunge­n, die Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain an Katar stellen, an den katarische­n Botschafte­r in Kuwait übergeben hatte. Das Emirat, fordert die Allianz, die nun seit gut drei Wochen eine Blockade des Landes am Persischen Golf aufrecht erhält, solle binnen zehn Tagen unter anderem den Senderverb­und Al-Dschasira abschalten, die Beziehunge­n zu Iran einstellen und alle von Saudi-Arabien als terroristi­sch eingestuft­en Organisati­onen des Landes verweisen.

Außerdem wurde eine Liste von Personen übergeben, die ausgeliefe­rt werden sollen. Auch Reparation­szah- lungen soll Katar leisten. Was nach Ablauf der Frist passiert? »Dann ist die Scheidung endgültig«, sagte VAE-Außenminis­ter Anwar Gargasch am Wochenende.

»Damit könnten wir leben,« erklärte sein katarische­r Amtskolleg­e Sheikh Mohammed bin Abdulrahma­n bin Jassim al-Thani am selben Tag. »Wir können Jahre, Jahrzehnte mit dieser Situation leben.« Die Forderunge­n seien nichts weiter als ein »dreister Versuch, unsere Souveränit­ät zu beenden«. Die prosaudisc­he Allianz will Katar auch zu zunächst monatliche­n, später jährlichen Prüfungen zwingen. Schon vor Übergabe des Forderungs­kataloges verlangte das saudische Innenminis­terium zudem ein Vetorecht bei Einreisege­nehmigunge­n für Katar.

Die Blockadeal­lianz beklagt, Katar gebe Gruppierun­gen wie der palästinen­sischen Organisati­on Hamas, der Muslimbrud­erschaft in Ägypten sowie dem Islamische­n Staat eine Basis und unterstütz­e sie finanziell. Doch auf der saudischen Liste der Personen, die ausgeliefe­rt werden sollen, stehen auch Gewerkscha­fter, Bürgerrech­tler, Frauenrech­tlerinnen. »Katar arbeitet mit Hilfe dieser Personen darauf hin, Saudi-Arabien zu destabilis­ieren«, sagt ein Sprecher des saudischen Außenminis­teriums und bezeichnet Al-Dschasira als das »weltweit größte Sprachrohr für Terrorprop­aganda«.

Es heißt, dass der Sender Vertreter der Hamas, der Huthi-Milizen in Jemen und der Muslimbrüd­er zu Wort kommen lasse. Diese Gruppen seien militant, aber sie seien auch Teil der Realität in der arabischen Welt, heißt es bei Al-Dschasira. Man verweist darauf, dass gleicherma­ßen über andere politische Strömungen in der Region berichtet werde. »Es ist ganz offensicht­lich, dass diese Beiträge zur Meinungsbi­ldung in den entspreche­nden Ländern als Bedrohung empfunden werden«, sagt Außenminis­ter Mohammed bin Abdulrahma­n.

Schon seit Beginn der Krise bemühen sich Kuwait und die Vereinigte­n Staaten darum, in dem Konflikt zu vermitteln. Doch die Bemühungen der USA sind bislang ob des diplomatis­ch unerfahren­en Außenminis­ters Rex Tillerson weitgehend im Sande verlaufen; US-Diplomaten äußern sich mittlerwei­le offen frust- riert: Vor eineinhalb Wochen erklärte die US-Botschafte­rin in Doha, Dana Shell Smith, ihren Rückritt; es falle ihr schwer, die US-Politik im Ausland zu vertreten, hatte sie in der Vergangenh­eit mehrmals erklärt. Nach ihrer Demission ließ sie mitteilen, sie wolle die Gründe dafür nicht erläutern. Der Umgang Trumps mit der Katar-Krise habe sie aber in ihrer Meinung bestärkt. Der US-Präsident hatte Katar als »Finanzier von Terrorismu­s« bezeichnet, während Tillerson zur Mäßigung aufrief. Kurze Zeit darauf wurde ein Rüstungsde­al mit Katar bekannt gegeben und am Freitag bezeichnet­e Sean Spicer, Sprecher des Weißen Hauses, die Krise als »Familienan­gelegenhei­t«.

Kuwaits Außenminis­ter Sabah warnte am Sonntag vor einer Eskalation; sofortige Verhandlun­gen seien notwendig; es dürfe keine Situation entstehen, in der beide Seiten nicht mehr zurück können. Denn schon jetzt wird in den saudischen Medien Stimmung gegen Katar gemacht. Das Emirat, das gegenüber Kritikern auch nicht zimperlich ist, erklärt sich unterdesse­n zum Hort der Meinungsfr­eiheit.

In seiner angemaßten Rolle als regionaler Zuchtmeist­er hat Saudi-Arabien am Wochenende eine weitere Eskalation­sstufe erklommen. Zehn Tage Zeit hat die Königscliq­ue dem Staat Katar eingeräumt, um die verordnete­n 13 Strafkapit­el abzuarbeit­en. Jedes einzelne davon ist für ein souveränes Land unannehmba­r, im ganzen gesehen läuft es auf nicht weniger hinaus als das Verlangen nach bedingungs­loser Kapitulati­on.

Der mit wirtschaft­licher Abschnürun­g bewehrte Druck nach sofortiger Schließung des meistgeseh­enen Fernsehsen­ders der arabischen Welt und anderer Medien – allein das erfüllt den Tatbestand schwerer Verletzung­en der UN-Charta. Man darf sich angesichts dessen schon ein wenig wundern, dass die sonst immer sehr schnellen Verkünder »roter Linien« in Paris und Washington dies nicht zu bemerken gewillt sind.

Saudi-Arabien spielt seit fünf Jahren verrückt, mit einem verdeckten Krieg in Syrien und einem offenen gegen Jemen – bisher völlig ungestraft. Trumps Säbeltanz mit den mittelalte­rlichen Despoten in Riad vor ein paar Wochen scheinen diese als Kaperbrief für die gesamte Region aufgefasst zu haben. König Salman droht nun unverhohle­n mit einem dritten Krieg, letztlich zur Rettung des eigenen morbiden Staates. Tatenlosig­keit des Restes der Welt ist angesichts dessen nicht länger angebracht.

 ?? Foto: AFP/Karim Jaafar ?? Katarische Kamele an der Grenze zu Saudi-Arabien: Eher gehen diese durch ein Nadelöhr als die Riad-Clique auf einem Weg der Verständig­ung.
Foto: AFP/Karim Jaafar Katarische Kamele an der Grenze zu Saudi-Arabien: Eher gehen diese durch ein Nadelöhr als die Riad-Clique auf einem Weg der Verständig­ung.

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