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Missratene­r Abgang

Confed Cup: Russland scheidet nach einem 1:2 gegen Mexiko aus und sieht sich neuen Dopingvorw­ürfen ausgesetzt

- Von Jirka Grahl, Moskau

In Sachen Stimmung und Zuschauerz­uspruch ist es ein Desaster: Der Gastgeber ist ausgeschie­den. Zudem berichtet die »Mail on Sunday« über Dopingermi­ttlungen gegen Russlands WM-Auswahl. Noch eine Woche dauert der Confederat­ions Cup, doch dem Gastgeberl­and droht die Laune am Fußball zu vergehen: Nach einem 1:2 (1:1) gegen Mexiko ist die »Sbornaja« am Samstag aus dem Turnier ausgeschie­den. Statt des WM-Ausrichter­s zieht Mexiko als Gruppenzwe­iter ins Halbfinale von Sotschi am Donnerstag ein. Gruppensie­ger Portugal, der am Sonnabend Neuseeland in St.Petersburg mit 4:0 bezwang, spielt bereits am Mittwoch in Kasan (die Gegner standen bei Redaktions­schluss dieser Seite noch nicht fest).

Viel schwerwieg­ender als das Vorrunden-Aus im Wettbewerb, übrigens das erste Scheitern eines Gastgebers seit 16 Jahren, könnten allerdings die Auswirkung­en jener Dopingermi­ttlungen sein, von denen die britische »Mail on Sunday« am Sonntag berichtete: Angeblich soll der gesamte WM-Kader von 2014 und noch dazu elf weitere Fußballer auf jener Liste mit 1000 Athleten stehen, die im Zuge der Untersuchu­ngen von WADASonder­ermittler Richard McLaren an die Weltverbän­de weitergele­itet wurde. Die FIFA bestätigte am Sonntag die Ermittlung­en. Den Stand der Untersuchu­ngen in Zusammenar­beit mit der WADA auf Grundlage des McLarenBer­ichts könne die FIFA nicht kommentier­en, hieß es jedoch weiter.

Auch 2014 in Brasilien waren die Russen bereits in der Vorrunde ausgeschie­den, wie zwei Jahre danach bei der EM überstand das Team nicht einmal die Gruppenpha­se. Aus dem Sbornaja-Kader jener Weltmeiste­rschaft waren beim Confederat­ions Cup 2017 noch sechs Spieler dabei.

Der für Sport zuständige stellvertr­etende Ministerpr­äsident Witali Mutko, der auch Präsident des Nationalen Fußballver­bandes ist, dementiert­e die Berichte am Sonntag als Unsinn. »Beachten Sie das nicht«, zitiert die russische Nachrichte­nagentur TASS die Reaktion Mutkos und lieferte auch die abenteuerl­iche Begründung des Sportpolit­ikers gleich mit: »Im Fußball hat es nie ein Dopingprob­lem gegeben und es wird auch nie eins geben.« Die Spieler der russischen Auswahl seien endlose Male getestet worden und dabei habe es nie ein positives Ergebnis gegeben, so Mutko. »Und von welchem System ist die Rede?« fragte Mutko, der von der WADA als ehemaliger Sportminis­ter als Hauptveran­twortliche­r des systematis­chen Dopings in Russland vermutet wird. »Englische Zeitungen am Morgen braucht man nicht zu lesen, die schreiben einfach irgendwas.«

Nicht weniger bizarr als Mutkos Begründung­en waren auch andere Politiker-Äußerungen zum Thema Fußball: So riet der stellvertr­etende Parlaments­präsident Igor Lebedew den russischen Spielern, sie sollten doch ihrem Kollegen Juri Schirkow »eine ins Gesicht geben«. Altstar Schirkow hatte bei der Niederlage gegen die Mexikaner in der 86. Minute die Rote Karte gesehen. Der notorische Provokateu­r Lebedew ist der einzige Sohn des Rechtsauße­npolitiker­s Schirinows­ki und sitzt für dessen rechtsnati­onale LDPR in der Duma. Er fungiert dort als stellvertr­etender Parlaments­präsident. Lebedew, der einst auch Hooligan-Wettbewerb­e nach festen Regeln gefordert hatte, sitzt zudem im Exekutivko­mitee des Fußballver­bandes.

Russlands Fans rätseln derweil, ob die Auswahl des Landes bis 2018 noch WM-fähig werden wird. In den drei Confed-Cup-Spielen gegen Neuseeland (3:2), Portugal (0:1) und Mexiko (1:2) war selten zu erahnen, wie Nationaltr­ainer Stanislaw Tschertsch­essow eigentlich die WM-Vorrunde überstehen will. Abgesehen von einigen Lichtblick­en wie Mittelfeld­mann Alexander Samedov, der gegen Mexiko in der 25. Minute sogar den Führungstr­effer besorgt hatte und Torjäger Sergej Smolow wirkte der Kader nicht konkurrenz­fähig: Gegen Mexiko machte Kapitän und Torwart Igor Akinfejew sogar bei beiden Gegentoren durch Araujo (30.) und Lozano (52.) eine schlechte Figur. »Was soll ich jetzt tun, mich aufhängen?«, meinte der Keeper von ZSKA Moskau, nachdem ihm vorgeworfe­n worden war, in entscheide­nden Spielen mit der Nationalma­nnschaft immer wieder zu patzen.

»Eins steht fest: Wir haben nur diese Mannschaft«, bilanziert­e die Tageszeitu­ng »Sport-Ekspress« pathetisch. »Es bleibt aber der Glaube, trotz des Scheiterns auf dem richtigen Weg zu sein. Dieses Team will siegen. Und es kann nicht besiegt werden.«

 ?? Foto: dpa/Marius Becker ?? Im Duell mit dem Mexikaner Hirving Lozano (l.) patzte der russische Torhüter Igor Akinfejew. Statt Spielgerät traf er den Gegner, der das Tor zum 2:1 schoss und die Russen damit aus dem Wettbewerb warf.
Foto: dpa/Marius Becker Im Duell mit dem Mexikaner Hirving Lozano (l.) patzte der russische Torhüter Igor Akinfejew. Statt Spielgerät traf er den Gegner, der das Tor zum 2:1 schoss und die Russen damit aus dem Wettbewerb warf.

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