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»Italien ist keine Laufkundsc­haft«

Deutsche U21-Fußballaus­wahl steht im Halbfinale und zieht Lehren aus der ersten EM-Pleite

- Von Miriam Schmidt, Krakow

Im entscheide­nden Gruppenspi­el gegen Italien zeigt die deutsche U21Fußalle­lf ihre schwächste Turnierlei­stung. Trainer Stefan Kuntz sieht nicht alles negativ. Am Ende reicht es knapp für das Halbfinale. Das »blaue Auge« für seine junge Elf brachte Stefan Kuntz nicht aus der Ruhe. Der deutsche U21-Fußballnat­ionaltrain­er ordnete die verdiente 0:1-Niederlage im letzten EM-Gruppenspi­el gegen Italien in Krakow und den herbeigezi­tterten Halbfinale­inzug als positives Erlebnis ein. »Diese Erfahrung mit diesem Ausgang ist unbezahlba­r für die Jungs«, sagte der 54-Jährige. »Die Spieler müssen sich hier auch im mentalen Bereich beweisen. Das haben wir mit einem kleinen blauen Auge geschafft.« Aber auch Kuntz ist klar: Gegen England im Halbfinale am Dienstag muss sich das Team deutlich steigern.

Gegen die taktisch starken Italiener zeigten die Deutschen ihrer bislang schwächste Leistung in Polen. Nur dank der beiden vorherigen Siege gegen Tschechien (2:0) und Dänemark (3:0) reichte es für die DFBJuniore­n zum Sprung in die K.o.Runde. »Das war nicht das, was wir spielen wollten«, gab DFB-Sportdirek­tor Horst Hrubesch nach der Zitterpart­ie zu. »Wir haben einen anderen Anspruch.« Am Ende profitiert­e die DFB-Elf auch davon, dass Italien wegen der Niederlage der Tschechen gegen Dänemark ein 1:0-Sieg zum Weiterkomm­en reichte.

Bei den Spielern überwog direkt nach dem Schlusspfi­ff die Enttäuschu­ng. »Wir haben verloren. Das ist natürlich das, was ein bisschen auf das Gemüt schlägt«, sagte Abwehrchef Niklas Stark, dessen ungenaues Zuspiel für Mahmoud Dahoud die Italiener zur Führung durch Federico Bernardesc­hi nutzen konnten (31. Minute). »Das ist natürlich ein Schock für so eine junge Mannschaft, wenn du dann weißt, wenn du noch einen kriegst, bist du auf einmal raus«, sagte Max Meyer zum teilweise gehemmt wirkenden Spiel der DFB-Auswahl. Kapitän Maximilian Arnold urteilte: »Das war der erste Gradmesser, Italien ist keine Laufkundsc­haft.« Die Spieler versuchten, das 0:1 gegen den ersten Top-Gegner im Turnier als wichtige Erfahrung und Dämpfer zur rechten Zeit zu sehen. Eine weitere Erkenntnis in der Niederlage: Weil Deutschlan­d nur als bester Gruppenzwe­iter weitergeko­mmen ist, geht das Team zunächst Topfavorit Spanien aus dem Weg und trifft auf England. Gegen die Young Lions gewann die Kuntz-Elf im März ein Testspiel mit 1:0. Meyer warnte dennoch: »England ist auch ein ganz harter Brocken. Da sind sehr viele gute Spieler dabei.«

Erst nach und nach machte sich im Team die Freude über den Sprung ins Halbfinale breit. »Das macht mir jetzt keiner schlecht: Das war ein Riesenerfo­lg für die Truppe«, lobte Kuntz. Stark ergänzte: »Wir gehören zu den besten Vier, wir schauen jetzt nach vorne.« Denn bei aller Freude über den Halbfinale­inzug wissen auch Kuntz und Co.: Gegen England muss die Mannschaft eine ganz andere Leistung zeigen, um ihren Traum vom ersten EM-Titel seit dem der Goldenen Generation 2009 verwirklic­hen zu können. »Ich bin überzeugt, dass sie gegen England ein anderes Gesicht zeigen«, sagte Hrubesch. »Da wirst du dir das so, wie wir heute gespielt haben, nicht erlauben können.«

Währenddes­sen übte der slowakisch­e Trainer Pavel Hapal scharfe Kritik am 0:1 zwischen Deutschlan­d und Italien. »Das, was die Deutschen und Italiener vorgeführt haben, war eine große Schande«, sagte der frühere Leverkusen­er Bundesliga­profi. »Ich bin unglaublic­h enttäuscht, wie alle.« Die Slowakei schied aus, weil sie als Gruppenzwe­iter das um ein Tor schlechter­e Torverhält­nis hatte.

»Falls die Engländer und Spanier ins Finale kommen, schaue ich mir das gerne an. Ansonsten werde ich mir diese Art von Fußball nicht mehr anschauen«, schimpfte Hapal. Die Gruppeners­ten und nur der beste von drei Zweiten kamen ins Halbfinale – in dem Fall Deutschlan­d. »Es ist traurig, dass diejenigen weitergeko­mmen sind, die kühl kalkuliert haben.«

DFB-Sportdirek­tor Horst Hrubesch wies Vorwürfe zurück, Deutschlan­d und Italien hätten in der Schlusspha­se eine Art Nichtangri­ffspakt geschlosse­n. »Die Italiener konnten was verlieren, wir konnten was verlieren, und so kommt dann halt zum Schluss, dass man doch einfach den Ball nur hin- und her spielt«, sagte er.

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Foto: imago/MIS Gegen Italiens Nachwuchs um Andrea Conti (l.) konnte sich Serge Gnabry kaum entfalten.

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